Viele der 882.184 Unterschriften für “Lohnsteuer runter” waren von Frauen. Wie wirkt sich die Steuerreform nun auf sie aus? Vieles ist geglückt, einiges bleibt noch zu tun. So ist die Einführung einer Vermögensteuer auch aus gleichstellungspolitischer Perspektive eine wichtige Forderung. Und da eine Vermögenssteuer nur bei Aufhebung des Bankgeheimnisses möglich ist, ist auch das frauenpolitisch wichtig.
Seit 2009 ist Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männer beim Budget ein Verfassungsziel. Im Kapitel “Abgaben”, wo auch die Steuern dazugehören, hat man sich konkret vorgenommen, die bessere Verteilung der Erwerbsarbeit, wie auch der unbezahlten Arbeit zwischen Frauen und Männern zu unterstützen. Es lohnt sich ein Blick darauf, ob das mit der Steuerreform auch gelungen ist.
Erfolg Steuerbonus
Viele Frauen verdienen weniger als 1.190 Euro brutto monatlich und liegen damit unter der Steuergrenze. 2,5 Mio ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen haben ein so niedriges Einkommen – 1,7 Millionen davon sind Frauen. Die Forderung, nur jene zu entlasten, die “Steuern zahlen”, war für diese Menschen eine Kampfansage. Denn sie zahlen zwar keine Lohnsteuer, sehr wohl aber Umsatzsteuer und andere Verbrauchssteuern (Mineralöl, Biersteuer, etc). Und die Teuerungen bei Mieten und Lebensmittel waren für sie besonders spürbar.
Die Durchsetzung eines höheren Steuerbonus für diese Gruppe war daher ein ganz wichtiger Erfolg. 400 Euro statt bislang 110 Euro pro Jahr können sich nunmehr die ArbeitnehmerInnen zurückholen. Für PensionistInnen gab es bisher keinen Bonus, sie bekommen nun bis zu 110 Euro jährlich. Mittels einer automatischen ArbeitnehmerInnenveranlagung – vulgo Jahresausgleich– soll sichergestellt werden, dass auch wirklich alle zu ihrem Geld kommen. Der Bonus ist ein Beitrag zu mehr Frauen im Erwerbsleben, denn für viele lohnt sich damit die Aufnahme einer Beschäftigung spürbar mehr.
Weniger Steuern
Bereits zu Beginn der Verhandlungen bestand Einigkeit, dass die erste Steuerstufe zu hoch ist: 36,5 Prozent zahlt man jeden Euro über der Steuergrenze von 11.000 Euro jährlich. In dieser Stufe liegen fast eine Million ArbeitnehmerInnen, mehr als die Hälfte davon Frauen. Sie profitieren von der Senkung dieser ersten Steuerstufe auf 25 Prozent. Positiv wirkt sich auch aus, dass der Arbeitnehmerabsetzbetrag in den Verkehrsabsetzbetrages integriert wird und von bisher gesamt 345 Euro auf 400 Euro jährlich ansteigen soll. Damit werden auch Anreize für die Ausweitung der Arbeitszeit verstärkt, denn das Einkommen erhöht sich damit auch netto – ein wichtiger Aspekt angesichts der hohen Teilzeitquote von Frauen.
Insgesamt ist der neue Steuertarif so gestaltet, dass untere Einkommen prozentuell eine höhere Entlastung haben als hohe Einkommen. So zahlt etwa eine gelernte Floristin mit 1.600 Euro Monatsbrutto um 40 % Lohnsteuer weniger als bisher, eine Sachbearbeiterin bei einer Versicherung mit 2.000 Euro Monatsbrutto zahlt um ein Drittel weniger.
Allerdings profitieren auch hohe Einkommen von der Senkung der niedrigeren Steuersätze, also etwa auch von der Absenkung des Eingangssteuersatzes. In absoluten Beträgen steigt daher die Entlastung mit der Höhe des Einkommens. Die zusätzliche Anhebung der Einstiegsgrenze zum Spitzensteuersatz von 60.000 auf 90.000 Euro war aus frauenpolitischer Sicht nicht notwendig: der Anteil von weiblichen Arbeitnehmerinnen beträgt in dieser Einkommensliga nicht einmal ein Fünftel.
Familienförderung: Väter statt Mütter
Für die Familien wurde von konservativer Seite massiv die Erhöhung des Kinderfreibetrages gefordert, wovon Großverdiener am meisten profitieren. Je niedriger das Einkommen, desto geringer der Vorteil aus dem Freibetrag – für Einkommen unter der Steuergrenze beträgt er null. Nun wird der Kinderfreibetrag von 220 Euro auf 440 Euro jährlich verdoppelt. Aus frauenpolitischer Sicht ist das wenig glücklich. In den meisten Paarfamilien werden wohl die zumeist besser verdienenden Männer diesen in Anspruch nehmen. Alleinerziehende werden hingegen häufig durch die Finger schauen, da ihr Einkommen oft unter der Steuergrenze liegt.
Zumindest sind die Kosten mit 100 Mio. jährlich überschaubar. Dennoch hätte man mit diesem Geld leicht ein zweites kostenloses Kindergartenjahr einführen können, was aus sozial- und bildungspolitischer Sicht die deutlich sinnvollere Maßnahme gewesen wäre.
Kein Budgetloch
Aus frauenpolitischer Sicht ist es extrem wichtig, dass die Steuerreform kein Loch ins Budget reißt. Die Leistungen des Sozialstaates sind für Frauen aufgrund ihrer geringeren Einkommen und des hohen Anteils an unbezahlter Betreuungs- und Versorgungsarbeit, den sie leisten, besonders bedeutsam. Zudem war es das erklärte Ziel von ÖGB/AK, dass die ArbeitnehmerInnen sich die Entlastung nicht selber zahlen – auch nicht über mangelnden Ausbau von Kinderbetreuung oder Pflegeangeboten.
Um das zu verhindern, wurde eine Reihe von Maßnahmen zur Gegenfinanzierung getroffen. 850 Millionen sollen über höheren Konsum wieder hereinkommen. Dafür war die Entlastung der unteren Einkommen besonders wichtig, denn diese Mittel werden kaum gespart, sondern fließen direkt in die Wirtschaft zurück.
Weitere 1,9 Milliarden sollen über die Bekämpfung von Steuer- und Sozialbetrug hereinkommen, Stichwort Registrierkassenpflicht, die weitere Lockerung des Bankgeheimnisses sowie mehr Personal für die Finanzämter. Diese Maßnahmen sind allesamt zu begrüßen, denn jede Form von Steuerbetrug verursacht Ungerechtigkeiten und unterhöhlt die Finanzierungsbasis des Sozialstaates. Die lautstarken Proteste dagegen zeigen nur, wie dringend sie sind.
To Do Liste
Die Achillesferse in der Gegenfinanzierung sind die 1,1 Mrd. Einsparungen in der Verwaltung. Die gerne einmal gekürzten Ermessensausgaben betreffen nämlich oftmals Projekte, die Beratung und Unterstützung für Frauen, aber auch Jugendliche, Menschen mit Behinderung, MigrantInnen oder andere verletzliche Gruppen anbieten.
Natürlich wäre hier die (Wieder)Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer und einer Vermögenssteuer der bessere Weg. Leider war das bisher nicht durchsetzbar. Dabei sind Vermögen nicht nur insgesamt extrem ungleich verteilt, es besitzen auch Frauen im Schnitt um 40 Prozent weniger als Männer. Eine Millionärssteuer macht daher auch aus frauenpolitischer Perspektive sehr viel Sinn. Und da es keine Vermögensteuer ohne Aufhebung des Bankgeheimnisses geben kann, ist Letzteres auch eine gleichstellungspolitische Forderung.
Anmerkung: Der Beitrag ist eine leicht gekürzte Fassung des in der Mai Ausgabe der “Arbeit und Wirtschaft” erschienen Artikels: “Die feministische Herausforderung”.