Jedes Jahr machen Wettbewerbs-Rankings Schlagzeilen und lösen politische Debatten um die Sicherung des Standortes aus. Der seriöse Nadelstreif der Organisationen, die Rankings durchführen, gemeinsam mit dem sportlichen Gewand der Länderlisten täuschen allzu leicht darüber hinweg, dass sie mehr von Willkür als von wissenschaftlicher Seriosität geprägt sind (pdf).
Die bekanntesten Rankings werden im Mai vom Institute for Management Developement (IMD) und im September vom World Economic Forum (WEF) und publiziert. Diese bekannten Institutionen suggerieren – fälschlicherweise – einen wissenschaftlichen Hintergrund.
Die Rankings beinhalten oft widersinnige Ergebnisse. So liegt etwa Österreich beim WEF-Ranking (pdf, S.69 bzw. 94) in der verschwenderischen Zusammensetzung öffentlicher Ausgaben hinter Ruanda, Bahrain und Botswana, oder die Kosten von Gewalt und Verbrechen für Unternehmen liegen in Österreich höher als in Ruanda, Kuwait und Armenien. Im IMD-Ranking (pdf) lag Österreich 2012 und 2013 deutlich hinter Malaysien. Das sind keine Einzelfälle, sondern eine Folge der systematisch fehlerhaften Methodik der Rankings (pdf).
ManagerInnen-Meinung zählt
Die Rankings bestehen zu einem Gutteil (WEF 60%, IMD ein Drittel) aus Befragungen von ManagerInnen, die mit höchst undurchsichtigen Methoden durchgeführt werden. Zudem werden die ManagerInnen nur zu ihrem eigenen Land befragt. Die Bewertungen des Staatsapparates in Ruanda sind nicht direkt mit den Antworten auf die gleiche Frage von österreichischen ManagerInnen vergleichbar. Die erfragten Werte dürften daher nicht für Ländervergleiche verwendet werden.
Diese Befragungsdaten werden mit „harten“ Daten wie BIP-Wachstum oder Forschungsinvestitionen addiert, um eine einzige Zahl, den Indikator für Wettbewerbsfähigkeit, zu erhalten. Hier sollte eigentlich jede verwendete Maßzahl einen anderen Teilaspekt des Gesamten, der Wettbewerbsfähigkeit, messen. Tatsächlich bestehen die Rankings aber aus einem Sammelsurium von Variablen nach dem Motto „ je mehr, desto besser“. Dadurch kommt es zu Überlappungen und Mehrfachzählungen, die das Ergebnis letztendlich nicht mehr interpretierbar machen.
Ökonomisch betrachtet, scheitern die Rankings daran, die „relativen Preise“ der einzelnen Indikatoren allgemeingültig festzulegen. Eine einzige Zahl für den Rang eines Landes zu berechnen, heißt nichts anderes als ein totes Baby auf 1000 Geburten, einen Mann, der nicht lesen kann, ein zusätzliches Formular bei der Gewerbeanmeldung und so fort, auf einen Nenner zu bringen, und deren „Wert“ festzustellen.
Es ist also nicht überraschend, dass diese abstruse Berechnung zu widersinnigen Ergebnissen führt. Die Rankings basieren auf willkürlichen Annahmen, einer intransparenten Auswahl sowie Gewichtung der Maßzahlen, und mangelhafter statistischer Methodologie. Dennoch spielen sie in der politischen Debatte immer wieder eine Rolle. So führen die politischen Wunschlisten von ManagerInnen und statistische Fehlanalysen zu politischen Argumenten gegen Sozialpartnerschaft und das Sozialsystem. Was stattdessen benötigt wird, ist eine sachliche Debatte über die Ziele der Wirtschaftpolitik, eine Abwägung von Zielkonflikten, und eine kritische Analyse von empirisch sauber erhobenen Fakten zu den jeweiligen Fragen.