Pendeln ist kein Selbstzweck – unterschiedliche Massnahmen für unterschiedliche Räume

17. April 2015

Die Zahl der PendlerInnen wächst stärker als die der Arbeitsplätze. Nicht immer ist das Pendeln selbst gewählt, sondern ein Zeichen unserer Lebensumstände. Maßnahmen der Förderung werden heiß diskutiert und in Frage gestellt. Wann brauchen wir keine finanzielle Förderung für die PendlerInnen mehr?

 

Alle 5 Jahre Analyse der Pendelströme in NÖ

Alle 5 Jahre analysiert die AKNÖ mit den Arbeiterkammerwahldaten die Pendelströme in Niederösterreich und den Austausch mit den Bundesländern. Auch im Zeitraum 2009 bis 2014 steigt die Zahl der Menschen, die zu ihrem Arbeitsplatz pendeln stärker als die Zahl der Arbeitsplätze. In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Zahl der EinpendlerInnen mehr als und auch die Zahl der AuspendlerInnen fast verdoppelt. Die Zahl der Arbeitsbevölkerung und der wohnhaft Beschäftigten ist in diesem Zeitraum nur um die Hälfte gewachsen. Das räumliche Arbeitsmarktangebot und das der Ausbildungsplätze sind von ständigen Veränderungen geprägt und somit steigt auch die Notwendigkeit des Pendelns. Unweigerlich fällt auch das Lieblingsunwort – der Speckgürtel. Was oder wo ist dieser diffuse Gürtel überhaupt und was soll man damit machen außer diesen Ort zu schmähen. Liegt der Speckgürtel rund um Wien, dann sind das die Bezirke Wien Umgebung, Mödling und Korneuburg. Gänserndorf und Mistelbach müssten fairerweise halbiert werden und dafür gibt es leider keine Statistik. Korneuburg, Mödling und Wien-Umgebung haben aber zusammen mehr Arbeitsplätze als wohnhaft Beschäftigte und alle drei Bezirke weisen sowohl hohe AuspendlerInnen- als auch EinpendlerInnennanteile auf. Zugegebener Maßen ist die Zahl der AuspendlerInnen aus Wien geringer als die der EinpendlerInnen. In den Bezirken um Wien finden sich durchaus gewachsene Strukturen und die drei genannten Bezirke bieten über 100.000 Menschen einen Arbeitsplatz. Sind diese Arbeitsplatzzentren dann der Speckgürtel?

Öffentlicher Verkehr oder Individualverkehr

Obwohl die Erschließung mit Schnell- und Regionalbahnen ähnlich ist, kommen trotzdem aus dem Süden von Wien, laut der Erhebungen der Planungsgemeinschaft Ostregion, in der Morgenspitze nur 27 % der PendlerInnen mit dem öffentlichen Verkehr (ÖV) in die Stadt. Obwohl die Bahn zwischen 10 bis 17 Minuten von Mödling nach Meidling braucht. An der Stadtgrenze zu Klosterneuburg sind es dagegen immerhin 55 %. Wie sich dieses Verhältnis in den NÖ-Bezirken darstellt, wissen wir leider nicht. In diesem Bereich sind die letzten Zahlen aus der Volkszählung 2001. Aber auch diese hat gezeigt, dass vorallem an den Bahnachsen die Anteile des ÖV hoch waren. In den Regionen abseits der Bahnachsen, wie zum Beispiel im Waldviertel, waren sie dementsprechend gering. Die Bezirke im Waldviertel haben aber sehr niedrige AupendlerInnen- und EinpendlerInnenanteile und sind vorallen untereinander und mit den Nachbarbezirken verflochten. Gut 22 % der AuspendlerInnen aus dem Waldviertel haben ihren Arbeitsplatz in Wien, das sind aber nur 3.761 Menschen. Wird Krems auch noch zum Waldviertel gerechnet, erhöht sich die Zahl auf 6.668 AuspendlerInnen. Allein aus dem Bezirk Wien-Umgebung pendeln mit 24.686 Menschen fast viermal so viele nach Wien (in die andere Richtung sind es immerhin 17.137 PendlerInnen)!

Öffentlicher Verkehr und ländlicher Raum

Es gibt viele ländliche Regionen in Niederösterreich, in denen sich der ÖV in einer Art präsentiert, dass den wohnhaft Beschäftigten kaum ein Vorwurf zu machen ist, dass sie diesen nicht nutzen. Karlstetten im Dunkelsteiner Wald hat immerhin 2.102 EinwohnerInnen, besteht aus elf Ortschaften und liegt nur acht Kilometer von der Landeshauptstadt St. Pölten entfernt. Eigentlich im Zentrum von Niederösterreich gibt es dort in der sogenannten Morgenspitze nur zwei Verbindungen in die Landeshauptstadt. Zwischen 14 Uhr und 17 Uhr fährt jeweils pro Stunde ein Bus zurück. Unangenehmerweise das nur zwischen Montag und Freitag und in den Schulferien gibt es noch weniger Verbindungen. Eine Beschäftigte, die in der Küche vom Krankenhaus St. Pölten arbeitet und kein Auto besitzt, schläft somit bei Wochenenddiensten und öfters in der Ferienzeit in einer günstigen Herberge in St. Pölten. Die verwinkelten hügeligen Straßen laden gerade in der Dunkelheit auch nicht zum Fahrrad fahren ein.

Wann ist welche Förderung gerechtfertigt

Falls kein öffentlicher Verkehr vorhanden ist, würde eine Unterscheidung in große und kleine Pendlerförderung durchaus sinnvoll sein. Die Diskussion um die Vereinheitlichung oder gar Abschaffung der kleinen und großen Pendlerpauschale ist aber eher städtisch, mit dem dortigen Angebot im öffentlichen Verkehr im Hinterkopf, geführt. In den meisten Fällen bleibt dabei der Verkehrsabsetzbetrag, obwohl der größere finanzielle Betrag, eher außen vor! Warum nicht einmal eine Diskussion führen über nur mehr einen nach Distanz und verfügbarem Verkehrsmittel gestaffelten Absetzbetrag für das Pendeln.

Maßnahmen im Verkehrsbereich

Abseits der finanziellen Unterstützung braucht jede Region ihre spezifischen Maßnahmen, die aber auf dem Tisch liegen. Diese beinhalten eine sichere Geh- und Radinfrastruktur in und zwischen den Gemeinden und gute Anschlüsse an den öffentlichen Verkehr. Brauchbare Haltestellen und Bahnhöfe mit ausreichend Parkplätzen für Räder und Autos und dann noch ein regelmäßiger Takt und Bedienzeiten sowie eine Information über die Möglichkeiten, die zum Fahren mit dem öffentlichen Verkehr verführen. Sollte das in den Regionen außerhalb der Städte jemals möglich werden, wird auch die Diskussion über die finanzielle Förderung der PendlerInnen eine andere sein! So lange das aber nicht so ist, wird in den ländlichen Regionen weiter vor allem der PKW für den Arbeitsweg zum Einsatz kommen.