Eine gute Ausbildung und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte, damit pflegebedürftige Menschen weiterhin gut versorgt sind: Das erwartete man von der Reform des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG). Vor allem deshalb, weil einige Studien zeigen, dass die Arbeitsbelastung im Pflegebereich überdurchschnittlich stark ist. Der aktuelle Entwurf bringt einerseits eine Verbesserung der Ausbildung der betroffenen Berufsgruppen, andererseits sind Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und der derzeit sehr hohen Qualität der Versorgung und Betreuung der PatientInnen unter der Prämisse des Kostendrucks zu befürchten.
Schaffung klarer Zuständigkeiten
Aus der Praxis ist bekannt, dass Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe täglich Aufgaben übernehmen (müssen), die sich nicht mit ihrem jeweiligen Berufsbild decken. Primäres Ziel der Ausbildungs- und Berufsrechtsreform muss die Schaffung von klaren berufsrechtlich definierten Zuständigkeiten sein.
Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege
Durch die demografische Entwicklung wird es aller Voraussicht nach mehr akut und chronisch Kranke und pflegebedürftiger Personen geben. Das verändert auch die Anforderungen an die Pflege und Betreuung. Durch das in der Ausbildung vermittelte Wissen sollen die Berufsangehörigen dazu qualifiziert sein, verstärkt einzelne bisher ärztliche Tätigkeiten (wie z.B. die Verordnung ausgewählter Medizinprodukte, die den Kernbereich der Pflege betreffen) übernehmen zu können.
In einem Dienstleistungssektor wie dem Gesundheits- und Sozialbetreuungssystem sind bestmöglich ausgebildete MitarbeiterInnen die größte Ressource, weshalb die Verlagerung der Ausbildung des gehobenen Dienstes auf Fachhochschulen bzw. Universitäten ein Muss ist.
Die vorgesehene generalistische Grundausbildung an Universitäten und Fachhochschulen darf allerdings nicht dazu führen, dass jene Pflegekräfte benachteiligt werden, die eine Gesundheits- und Krankenpflegeschule abgeschlossen haben. Das gilt auch für jene, die eine spezielle Grundausbildung in der Kinder- und Jugendlichenpflege bzw. in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege haben.
Aufteilung der Pflege in drei Berufsgruppen
Die GuKG-Reform sieht für die Pflege nun drei Berufsgruppen vor: den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege mit akademischer Ausbildung, die Pflegefachassistenz und die Pflegeassistenz.
Werfen wir einen Blick auf die Pflegeassistenz: Derzeit umfasst die Ausbildung in der Pflegehilfe rund 1.600 Stunden, also etwa ein Jahr. Das EU-weite PflegeexpertInnennetzwerk empfiehlt jedoch eine zwei- bis dreijährige Ausbildung[1]. Wegen der geplanten Ausweitung des Tätigkeitsbereiches im Zuge der Primärversorgung und der gestiegenen Anforderungen in der Langzeit- bzw. Akutpflege ist eine zweijährige Ausbildung der zukünftigen Pflegeassistenz dringend erforderlich.
Die GuKG-Reform sieht außerdem vor, dass diese einjährige Ausbildung zum/zur PflegeassistentIn auch gleich zur Berufsausübung berechtigen soll (ohne verpflichtende „Aufschulung“ zum/zur PflegefachassistentIn). Da liegt es auf der Hand, dass die Einrichtungen (Pflegeheime, Krankenhäuser etc.) überwiegend diese voraussichtlich schlechter eingestuften (und somit billigeren) Arbeitskräfte bevorzugen.
Zudem wird die geplante Untergliederung in der Praxis noch größere Kompetenzkonflikte unter den Berufsgruppen sowie organisatorisch kaum zu überwindende Hürden (Dienstplanerstellung etc.) bringen.
Im Übrigen werden pflegerische Leistungen nicht nur von Gesundheitsberufen erbracht, sondern auch von Sozialbetreuungsberufen, die oft eine Ausbildung in der Pflegehilfe in ihrer Ausbildung integriert haben. Der derzeitige Entwurf ist stark auf den akutstationären Bereich fokussiert und lässt Arbeitsfelder der Sozialbetreuungsberufe (bspw. Behindertenarbeit) außen vor.
Bundesweit einheitliche Regelung notwendig
Derzeit sorgen neun verschiedene Landesgesetze für eine sehr unterschiedliche Ausbildungsqualität. Damit die Pflegebedürftigen unabhängig vom jeweiligen Bundesland eine einheitliche Qualität in der Betreuung erhalten, muss es bundesweit einheitliche Regelungen geben.
Ausbildung nicht nur an wenigen Standorten ermöglichen
Die geplante Verlagerung der Ausbildung des gehobenen Dienstes von derzeit rund 70 österreichweit angesiedelten Gesundheits- und Krankenpflegeschulen auf einige wenige Fachhochschulen lassen weniger AbsolventInnen und damit in Zukunft einen deutlichen personellen Rückgang befürchten. Grund ist, dass die organisatorischen Hürden (u.a. Anreise über größere Distanzen) für manche angehenden Pflegekräfte vor allem in den Bundesländern zu hoch werden.
Damit die AbsolventInnenzahlen nicht sinken, braucht es eine Sicherstellung der Finanzierung der Ausbildungen und einen leichteren Zugang durch wohnortnahe Ausbildungsstätten. Weil Ausbildungen in diesen Berufen zwingend eine Anbindung an Krankenanstalten oder Pflegeeinrichtungen erfordern, sollten die bestehenden Gesundheits- und Krankenpflegeschulen in interprofessionelle Ausbildungszentren umgewandelt werden. Dort könnten in gemeinsam zu absolvierenden Modulen neben gesundheitsbezogenen Ausbildungen der Fachhochschulen und Universitäten auch Ausbildungen in allen anderen Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufen angeboten werden. Praktika sind in jedem Fall angemessen zu entlohnen.
Um auch WiedereinsteigerInnen bzw. Personen mit Betreuungspflichten den Einstieg in einem Gesundheits- und Sozialberuf zu erleichtern, sollten in diesen Ausbildungen unbedingt auch moderne Lernmethoden (z.B. e-learning) zum Einsatz kommen. Damit keine Bildungssackgassen geschaffen, sondern vielmehr realisierbare Ausbildungskarrieren ermöglicht werden, ist die Durchlässigkeit der verschiedenen Ausbildungen zu gewährleisten.
Personalbedarfsberechnung
Eine optimale PatientInnenversorgung erfordert nicht nur bestmöglich ausgebildetes Personal, es müssen auch ausreichend Pflegekräfte angestellt werden. Dafür braucht es ein einheitliches Personalbedarfsberechnungsverfahren, das die derzeit völlig beliebig geregelten Personalschlüssel ersetzt und Personalbesetzungen nachvollziehbar macht. Um die Qualität der Pflege zu sichern, sollen Arbeitgeber berichten müssen, wie viele Pflegekräfte sie einsetzen. Denn wer gemäß den gesetzlichen Vorgaben handelt, hat schließlich nichts zu verbergen.
[1] vgl. „Aufbau und Koordinierung eines Europäischen Pflegeexpertennetzwerkes zur Ausbildung von Healthcare Assistenz“