Zurzeit sind 320.172 Menschen (Juni 2015) in Österreich arbeitslos. Doch die Klagen über einen Fachkräftemangel kommen fortwährend auf. Empirische Indikatoren wie die Stellenandrangsziffer bewegen sich seit der Krise 2008 unaufhörlich nach oben. Zudem steigen die Überzahlungen trotz angeblichem Facharbeitermangel nicht und die Zahl der Lehrbetriebe und der Lehrplätze geht zurück. Die Diskussion entpuppt sich als eine Farce, welche von dem viel dringlicheren Problem der Rekordarbeitslosigkeit in der österreichischen Wirtschaft ablenkt.
Seit dem Ausbruch der Krise herrscht in der Europäischen Union, aber auch in Österreich vor allem eines: Rekordarbeitslosigkeit. Die Anzahl der Arbeitslosen ist in Österreich von Juni 2008 bis Juni 2015 um ganze 85% gestiegen, was einem Plus von 147.514 Personen entspricht. Im Juni 2015 betrug der Bestand an Arbeitslosen 320.172 im Gegensatz zu 172.658 im Juni 2008. Zählt man auch noch die SchulungsteilnehmerInnen hinzu sind aktuell rund 381.898 Menschen ohne Beschäftigung in Österreich.
In der öffentlichen Diskussion nehmen hingegen die Klagen der Unternehmen über einen Fachkräftemangel einen breiten Raum ein. Die Beliebtheit dieses Schlagwortes ist dessen Schwammigkeit, denn es gibt weder eine exakte noch eine zumindest allgmein verbindliche Definiton. Unternehmen bringen damit den Mangel an passenden Arbeitssuchenden zur Geltung. Die Stelleninserate entsprechen hingegen eher Wunschzetteln als Notwendigkeiten für eine zu besetzende Stelle. Selbst bei der Erfüllung des Wunschzettels gibt es zahlreiche Gründe – über Einsatzbereitschaft, soziale Tugenden, persönliche Eigenschaften bis hin zum Alter – um eine/einen BewerberIn trotzdem abzulehnen. Jedoch scheinen Unternehmen ambivalent zu handeln, denn andererseits ist ihnen die berufliche Mobilität ein Dorn im Auge.
Enormer Wettbewerb
Versucht man den Begriff Fachkräftemangel mit Daten zu be- oder widerlegen, kommt man am Indikator Stellenandrang nicht vorbei. Während dieser in der Phase der letzten Hochkonjunktur – 2007/2008 – österreichweit einen Tiefstwert von 3,9 bzw. 5,7 Arbeitslosen je offener Stelle erreichte, beläuft sich dieser Wert auf mittlerweile 12,1 Arbeitslose je offener Stelle im Jahr 2014 (blaue Linie in der Abbildung). 12 Personen konkurrieren um einen verfügbaren Job – ein enormer Wettbewerb. Unter Berücksichtigung der SchulungsteilnehmerInnen ist die Stellenandrangsziffer sogar noch deutlich höher. Somit wächst die Stellenandrangsziffer auf 15 für das Jahr 2014 (rote Linie in der Abbildung).