Mangelhafte oder nicht abgeschlossene Ausbildungen bergen eine Reihe negativer Folgeerscheinungen – sowohl individuell als auch gesamtgesellschaftlich betrachtet. Eine Befragung unter Lehrlingen im letzten Ausbildungsjahr verdeutlicht mögliche Ansatzpunkte, um die Antritts- und Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Lehrabschlussprüfung zu heben.
Eine fehlende oder nicht abgeschlossene Berufsausbildung zieht vielfältige negative Konsequenzen nach sich. Betroffene haben in der Regel mit erheblich verschlechterten Berufschancen und eingeschränkten Möglichkeiten zur Weiterbildung zu kämpfen. Auf gesellschaftlicher Ebene führen ein niedriges Qualifizierungsniveau und die damit verbundenen Folgeerscheinungen zu Mehrbelastungen für das Sozialsystem. Es stellt sich die Frage, welche ausbildungsspezifischen Faktoren und persönlichen Merkmale die Antritts- und Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Lehrabschlussprüfung positiv beeinflussen können.
Mehr Ausbildungsqualität für mehr Sachkompetenz und Selbstbewusstsein
Die besten Voraussetzungen für den positiven Abschluss einer Berufsausbildung bietet nach wie vor ein Ausbildungsangebot von möglichst gleichbleibend hoher Qualität. In Ermangelung bindender Qualitätskriterien bildet die Lehrabschlussprüfung (LAP) gegenwärtig den wichtigsten Indikator zur Messung der Ausbildungsqualität. Eine steigende Anzahl von negativen Prüfungsergebnissen und Nichtantritten deutet jedoch auf ein strukturelles Problem hin.
Flächendeckende Lehrlingsbefragungen in Österreich geben Aufschluss darüber, welche ausbildungsspezifischen Faktoren und persönlichen Merkmale die Antritts- und Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Lehrabschlussprüfung positiv beeinflussen und wie sich Lehrlinge auf die Lehrabschlussprüfung am besten vorbereitet fühlen.
Mehr Selbstvertrauen bedeutet mehr und erfolgreichere Prüfungsantritte
Zentrale Faktoren, die über Antritts- und Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Lehrabschlussprüfung bestimmen:
- Die Lehrabschlussprüfung wird als schwierig eingestuft. Ca. 80% der Lehrlinge schätzen die LAP als komplizierte Prüfung und dementsprechend als nur schwer bewältigbar ein. Ursache dessen ist va das Gefühl unzureichender (fachlicher) Vorbereitung bzw die Unwissenheit und Unsicherheit darüber, wie die Anforderungen der LAP im Konkreten aussehen.
- Schulerfolge ermöglichen Selbsteinschätzung und fungieren als wichtige Orientierungshilfe. Je größer die Zufriedenheit der Lehrlinge mit ihrer Leistung in der Berufsschule ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie zur Lehrabschlussprüfung antreten. Der Erfolg in der Berufsschule dient jungen Menschen zur Selbsteinschätzung in Bezug auf die eigene berufliche Leistungsfähigkeit und den Status ihrer inhaltlichen Kompetenzen. Viele Lehrlinge assoziieren die LAP mit einem schulischen Prüfungssetting, in dem Schulwissen abgefragt wird – wer sich schulisch erfolgreich wahrnimmt, traut sich folglich auch ein besseres Abschneiden bei der Lehrabschlussprüfung zu.
- Die Antrittswahrscheinlichkeit ist von der Ausbildungsqualität abhängig. Bereits frühere Untersuchungen (vgl. Lehrlingsbefragung der AK Wien, 2010) weisen darauf hin, dass Lehrlinge in mangelhaft ausbildenden Betrieben bereits während der Lehrzeit einen späteren Berufs- und Branchenwechsel anstreben. Frühe Berufswechselabsichten vergrößern jedoch die Nicht-Antrittswahrscheinlichkeit zur Lehrabschlussprüfung, da die notwendige Motivation fehlt. Auch insgesamt bereiten gut ausbildende Betriebe ihre Lehrlinge fachlich wie menschlich (Selbstsicherheit, Selbst- und Fremdbild,…) besser auf die Prüfung vor, was eine Antrittswahrscheinlichkeit deutlich erhöht.
Diese Erkenntnisse legen nahe, dass zur Hebung der Antritts- bzw. Erfolgsquoten die bestehenden Angebote in Betrieben und Berufsschulen ausgebaut bzw einer Weiterentwicklung unterzogen werden sollten.
Mögliche Ansätze zur Steigerung der Prüfungsantritte bzw. Erfolgsquoten sind in diesem Kontext ua:
- mehr unterstützende Maßnahmen auf betrieblicher Seite (zB die Verringerung der Arbeitsbelastung für Prüfungsvorbereitung oder die Thematisierung optimaler Verhaltensweisen während der Prüfungssituation)
- die Schaffung von Zwischen-Checks, um den Lehrlingen ein Gefühl für den Status der eigenen berufsbezogenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu geben und ihre Selbstsicherheit zu steigern
- die Entwicklung von Prüfungssimulationen bzw die Möglichkeit, Prüfungen beizuwohnen, um sich so ein Bild über Art und Ablauf der Lehrabschlussprüfung machen zu können (Abbau von Prüfungsängsten)
- (mehr) schriftliche Unterlagen zur Prüfungsvorbereitung
- das Angebot einer externen Ansprechperson, mit der die Lehrlinge mögliche Prüfungsinhalte besprechen können sowie die Schaffung spezieller Maßnahmen für Lehrlinge mit Prüfungsängsten (zB eine tiefergehende Sensibilisierung von Ansprechpersonen in Schule und Betrieb)
- die Verankerung der Lehrabschlussprüfung als fixer Bestandteil der Ausbildung
- der Ausbau und die Sicherung guter betrieblicher Ausbildungsqualität, weil diese einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der LAP-Antrittswahrscheinlichkeit liefern (sie liefern grundsätzlich mehr intrinsische Motivation und mehr Selbstsicherheit durch das Gefühl, gut vorbereitet zu sein)
Als Fazit bleibt einmal mehr der Hinweis auf die Notwendigkeit eines gesetzlich verankerten Qualitätsmanagements in der betrieblichen Ausbildung. Nur eine verlässlich hohe Ausbildungsqualität, die sich nach transparenten und bindenden Qualitätsindikatoren ausrichtet, kann den Lehrlingen optimal jene fachlichen und persönlichen Kompetenzen vermitteln, die sie erfolgreich durch die Lehrabschlussprüfung und in eine qualifizierte Berufstätigkeit führen.