Spätestens seit dem historischen Handschlag zwischen dem kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos, dem kubanischen Staats- und Regierungschefs Raúl Castro und dem Befehlshaber der kolumbianischen Guerillaorganisation FARC-EP Timoleón Jiménez (alias Timoschenko) in Havanna im September 2015 scheint ein Friedensabkommen zur Beendigung des über 50 Jahre währenden kolumbianischen Bürgerkriegs in greifbarer Nähe. Während der Friedensprozess auch in Europa breitere mediale Beachtung findet, wird mittlerweile kaum noch über die gravierende Menschenrechtslage und die verheerende Situation von Gewerkschaften und ArbeitnehmerInnen in Kolumbien gesprochen.
Repression und Mobilisierung
Doch damit gerät vor allem auch aus dem Blick: Unter den 9.500 politischen Gefangenen in Kolumbien sind hunderte GewerkschafterInnen. Alleine 130 GewerkschafterInnen der LandarbeiterInnengewerkschaft FENSUAGRO sind gegenwärtig inhaftiert. Miguel Ángel Beltrán, Professor an der Universidad Nacional de Colombia und Gewerkschafter der Hochschulgewerkschaft ASPU, wurde bereits 2009 auf Grundlage gefälschter Beweise des kolumbianischen Militärs wegen Aufruhr und Verschwörung verhaftet. Im Jahr 2011 wurde Beltrán nach einer Gerichtsentscheidung freigelassen, konnte jedoch aufgrund eines von der kolumbianischen Spezialstaatsanwaltschaft erwirkten Berufsverbotes nicht mehr an seinen Lehrstuhl zurückkehren. Im Dezember 2014 wurde Beltrán erneut der Prozess gemacht und er wurde zu acht Jahren Haft verurteilt. Gegenwärtig kämpft auch der internationale Gewerkschaftsdachverband der Bildungsgewerkschaften für seine Freilassung.
Mitte März 2016 folgten mehr als 2 Millionen Menschen einem Aufruf zum Generalstreik der drei großen Gewerkschaftsdachverbände, der auch von zahlreichen zivilgesellschaftlichen Bündnissen unterstützt wurde. Die Forderungen der Streikenden richteten sich neben der Erhöhung des Mindestlohnes und der Senkung der Treibstoffpreise auch gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer, geplante Privatisierungen und die beiden Freihandelsabkommen mit den USA und der Europäischen Union.
Seit 2014 erstellt der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) anhand unterschiedlicher Indikatoren einen globalen Rechtsindex über Gewerkschafts- und ArbeitnehmerInnenrechte. Auch im Jahr 2015 rangiert Kolumbien (gemeinsam mit Ägypten, China, Guatemala, Katar, Pakistan, Saudi-Arabien, Swasiland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Weißrussland) unter den „zehn schlimmsten Ländern für erwerbstätige Menschen“.
Globaler Rechtsindex: Kolumbien unter den zehn schlimmsten Ländern