Geschlechterungleichheit bei der Verteilung der Arbeitszeit in Österreich

13. Januar 2016

In Österreich sind die klassischen Geschlechterrollen noch immer weit verbreitet. Deutlich wird das vor allem bei der Verteilung der Arbeitszeit. Während 2014 laut Statistik Austria 60,5% des Arbeits­zeit­volumens aller Erwerbstätigen von Männern geleistet wurde, belief sich der von Frauen geleistete Anteil bei 39,5%. Bei der unbezahlten Arbeit war es genau umgekehrt. Laut der aktuellsten Zeitverwendungsstudie von 2008/09 wurde der Großteil, nämlich zwei Drittel von Frauen und nur ein Drittel von Männern geleistet.

 

Teilzeit ist weiblich und Überstunden sind männlich

Allseits bekannt ist der Fakt, dass Teilzeitbeschäftigung ein hauptsächlich weibliches Phänomen ist. Die Teilzeitquote bei unselbstständigen Frauen betrug 2014 47,3%. Hingegen war nur jeder zehnte unselbstständige Mann teilzeitbeschäftigt. Frauen entscheiden sich oft für einen Teilzeitjob aufgrund von Betreuungs­pflichten. Vorrangig für Männer sind schulische oder berufliche Aus- oder Fortbildungen. Eine weitere erhebliche Differenz ist, dass Männer beinahe 70% des Volumens an Mehrarbeits- und Über­stunden­­volumens leisteten. Allerdings wurden Mehrarbeits- und Überstunden von Männern öfter entlohnt, als jene die von Frauen geleistet wurden (unbezahlte MA- und ÜStd Männer: 26,8%, Frauen: 19,0%).

Kinder verändern das Beschäftigungsausmaß von Frauen, kaum aber von Männern

Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu beachten gilt, ist der Effekt von Kindern auf die Erwerbstätigen- und Teilzeitquote von Männern und Frauen. Die Erwerbstätigenquote für 25- bis 49-Jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren weicht erheblich von jener Quote ohne Kinder bzw. mit Kindern ab 15 Jahren ab. Mit Kindern waren 2014 67,2% der Frauen erwerbstätig, ohne Kinder waren es mit 84,7% deutlich mehr. Bei Männern lässt sich der umgekehrte Trend feststellen: mit Kinder sind mehr Männer erwerbstätig (92,6%) als ohne Kinder (83,6%). Auch bei der Teilzeitquote für 25- bis 49-Jährige ist der Effekt bei Müttern deutlich größer als bei Vätern. 2014 waren 74,3% der Frauen mit Kindern unter 15 teilzeitbeschäftigt. Ohne Kinder lag die Quote bei 32,4%. Männer in der Altersgruppe ohne Kinder sind eher teilzeitbeschäftigt (9,7%) als mit Kindern (6,1%). Betrachtet man die Statistik für Paare mit Kindern unter 18 Jahren nach Merkmalen der Erwerbstätigkeit und Alter des jüngsten Kindes, wird es offensichtlich, dass das modifizierte männliche Ernährermodell in Österreich noch stark präsent ist. Gesamt gesehen war in 44,2% der Paare der Vater vollzeitbeschäftigt und die Mutter teilzeitbeschäftigt. In 18,5% der Paare mit Kindern unter 18 ging ausschließlich der Vater einer Beschäftigung nach. Lediglich in 16,5% der Paare gingen beide Partner einer Vollzeitbeschäftigung nach. Das Alter des jüngsten Kindes hatte einen maßgeblichen Einfluss auf das Beschäftigungsausmaß der Eltern, besonders bei Frauen. Wenn das jüngste Kind älter war, entschieden sich weniger Paare für das reine männliche Ernährermodell und der Anteil der Paare, wo beide vollzeitbeschäftigt sind stieg. Wenn das jüngste Kind älter als 14 war, hatten bereits beinahe ein Drittel der Paare beide Partner einen Vollzeitjob.

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Quelle: Statistik Austria 2015, Mikrozenus – Arbeitskräfteerhebung 2014, eigene Darstellung

Österreichische Familienpolitik unterstützt Geschlechterungleichheit

Es stellt sich folglich die Frage welche Rahmenbedingungen diese geschlechterungleiche Verteilung der Arbeitszeit prägen. Im Allgemeinen unterstützt die österreichische Familienpolitik die klassische Rollenverteilung. Österreich kennzeichnet sich durch die lange Bezugsdauer von Kinderbetreuungsgeld (KBG) von bis zu 36 Monaten (Modell „30 plus 6“) aus. Zusätzlich zu vier pauschalen KBG-Varianten, gibt es auch eine kurze, einkommensabhängige Variante („12 plus 2“). Die zusätzlichen Monate sind für den/die Partner/in reserviert. So kann beispielsweise die längste KBG-Variante von 36 Monaten nur realisiert werden, wenn der/die Partner/in mindestens 6 Monate KBG bezieht. Wenn nur ein Elternteil KBG bezieht, beträgt die maximale Bezugsdauer 30 Monate. Aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung betreffend Väterbeteiligung beim Kinderbetreuungsgeld geht hervor, dass die längste KBG-Variante die Beliebteste ist. 36,8% der Eltern, dessen Kind 2014 geboren wurde, entschieden sich für die „30 plus 6“ Variante und 26,9% für die zweitlängste Variante („20 plus 4“). Es ist jedoch ein Trend zur kürzeren, einkommensabhängigen Variante feststellbar. 2014 entschieden sich bereits 23,5% für diese Variante. Bei der Väterbeteiligung ist noch reichlich Platz nach oben. Zusätzlich ist sie abhängig von der Variante. Bei den kürzeren Varianten ist die Väterbeteiligung wesentlich höher als bei der längsten Variante. Die meisten Väter, die KBG beziehen, tun dies im Rahmen der sogenannten Bonusmonate (jene Monate die für den/die Partner/in reserviert sind). Oft werden die Karenzmonate von Vätern in den Sommermonaten genommen, weil in diesem Zeitraum in der Arbeit weniger zu leisten ist und die Abwesenheit nicht so auffällt. Dieses Verhalten wird auch als „versteckte Karenz“ bezeichnet. Die Väterbeteiligung beim KBG-Bezug gilt es auch wegen der positiven Auswirkung auf den Wiedereinstieg der Mutter, den das Wieder­einstiegsmonitoring der AK feststellte, nicht zu vernachlässigen.

Ein häufig genanntes Argument, warum hauptsächlich Frauen Kinderbetreuungsgeld beziehen ist das höhere Einkommen des Vaters. Österreich kennzeichnet sich durch eine hohe Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen aus. Der Gender Pay Gap belief sich 2013 auf 23,0%. Nur Estland konnte in der Europäischen Union einen noch höheren Gender Pay Gap aufweisen. In Fällen wo die Mutter ein höheres Einkommen erhält wie der Vater, bezieht der Mann jedoch nicht automatisch länger das KBG als die Frau, wie eine Studie zu Erwerbsarbeit und Elternschaft der Stadt Wien aufzeigt.

Des Weiteren unterstützt die Struktur der österreichischen Familienleistungen die traditionelle Geschlechterrollenverteilung. In Österreich spielen Geldleistungen eine viel wesentlichere Rolle als Sachleistungen. Beim Angebot von Kinderbetreuungseinrichtung gibt es auch noch Raum für Verbesserung, besonders beim Ausbau von Einrichtungen mit Öffnungszeiten, die mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar sind.

Gesellschaftliche Skepsis gegenüber erwerbstätigen Müttern

Ein weiterer wichtiger Grund für die traditionelle Arbeitsteilung ist die weitverbreitete Skepsis gegenüber vollzeitbeschäftigten Müttern. Das Internation Social Survey Programme (ISSP) zum Thema „Familie und Veränderung von Geschlechterrollen“ gibt hierzu wichtige Einblicke. Die Befragung des aktuellsten ISSP in Österreich fand im November und Dezember 2013 statt. Hierfür wurden 1182 Personen interviewt, davon 537 Männer und 645 Frauen. 71,5% waren der Meinung, dass beide Partner zum Haushaltseinkommen etwas beisteuern sollten. Allerdings ist die Skepsis gegenüber arbeitenden Müttern in Österreich stark ausgeprägt. Jede/r zweite Befragte fand, dass das Familienleben darunter leidet, wenn die Frau vollzeitbeschäftigt ist. Mehr als die Hälfte (52,8%) der Interviewten waren der Meinung, dass Mütter mit Kleinkindern nicht arbeiten sollten. 45,3% meinten hingegen, dass eine Teilzeitbeschäftigung passend ist. Generell sah der Großteil der Befragten (60,9%) die Familie als wichtigsten Versorger von Kleinkindern. Wenn das jüngste Kind zur Schule geht, war die Mehrheit (62,5%) der Meinung dass die Mutter Teilzeit arbeiten sollte. Ein Viertel der Befragten befand eine Vollzeitbeschäftigung für richtig und 13,0% waren noch stets der Meinung, dass die Mutter keiner Beschäftigung nachgehen sollte. Interessant ist auch, dass nur ein Fünftel der Befragten der Meinung war, dass die Dauer des KBG-Bezugs zwischen den Eltern gleich aufgeteilt werden sollte, wenn beide in einer vergleichbaren Lage in Arbeit und Beruf sind.

Fazit

In Österreich ist Arbeitszeit sehr ungleich zwischen Männern und Frauen verteilt. Die traditionellen Rollenbilder sind noch stets präsent in der österreichischen Gesellschaft. Diese ungleiche Arbeitsteilung wird vor allem von der Struktur der Familienpolitik und den sozio-kulturellen Normen geprägt.