Obwohl die Ausbauziele (über-)erfüllt wurden, wird in Deutschland die Kritik an der so genannten „Energiewende“ immer lauter. Angesichts der hohen und stetig steigenden Kosten für die privaten Haushalte ist dies kaum eine Überraschung. Als Alternative wird von Teilen der E-Wirtschaft bzw. ihr nahestehenden Instituten gerne das so genannte Quotenmodell beworben. Doch ist das Finanzmarkt-Modell eines „Grünstrom-Zertifikatemarkts“ tatsächlich eine sinnvolle Option oder gibt es einen dritten Weg?
Die so genannte „Energiewende“ Deutschlands gilt – zumindest im Bereich Strom – als Musterbeispiel für den erfolgreichen Umbau des Energiesystems: Weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energieträgern. Innerhalb kürzester Zeit wurden die Ausbauziele im Bereich Strom aus erneuerbaren Energiequellen erreicht bzw. sogar übererfüllt. Maßgeblich für den Erfolg dieses Modells ist der hohe Grad an gesicherten Einnahmen. Die Betreiber von Photovoltaik-, Windkraft- oder Biomasseanlagen haben aufgrund im Voraus festgelegter Vergütungstarife und wegen des Einspeisevorranges gegenüber Energie aus konventionellen Quellen nur ein (wetter- bzw. ressourcenabhängiges) Mengenrisiko, aber kein unternehmerisches Risiko in Bezug auf Nachfrage-, Wettbewerbs- und Preisentwicklung.
Das dahinterliegende Fördermodel beruht auf gesetzlich fixierten Einspeisetarifen für erneuerbare Energie (EE). Strom aus erneuerbaren Energieträgern wird also nicht mit dem Marktpreis sondern mit fixen Abnahmepreisen vergütet, die weit über dem Marktpreis liegen. Die Höhe der Tarife richtet sich danach a) welche Technologie eingesetzt wird (Solar, Wind, Biomasse etc) b) wann die Anlage errichtet wurde c) welche Menge die Anlage pro Jahr produziert und d) an welchem Standort sie errichtet wurde. Die Vergütungsdauer beträgt dabei bis zu 20 Jahren (Photovoltaikanlagen).Die Vergütungshöhe, dh der Einspeisetarif, ist primär Ergebnis eines politischen Verhandlungsprozesses, wirtschaftliche-ökologische Überlegungen sind hierbei oft nachrangig.
Ineffizient, teuer und ungerecht?
Die zuletzt immer öfter geäußerte Kritik an diesem Modell bezieht sich vor allem auf mangelnde Effizienz und Wettbewerbsverzerrungen. Durch das Fördern spezifischer Technologien wird der Wettbewerb zwischen erneuerbaren Energieträgern aber auch gegenüber konventionellen Energieträgern verzerrt. Hohe Einspeisetarife werden für teure Technologien (zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen) bezahlt, dies benachteiligt kosteneffizientere Energieträger (wie zB Windkraftanlagen) und führt zu hohen Kosten. Aktuell werden in Deutschland ca 50% der Fördermittel für die teuerste Technologie – die Photovoltaik – aufgewandt, die nur rund 20% des grünen Stroms produziert. Umgekehrt entfallen auf Windkraftanlagen auf dem Festland („Onshore“) nur 16% der Fördermittel, obwohl diese rund 33% der Strommenge der durch das erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) geförderten Mengen produzieren. Dies führte auch zu hohen Gewinnspannen im Bereich der Photovoltaik, denn die Kosten für Photovoltaikanlagen sind zuletzt deutlich stärker gesunken als die Vergütungshöhe. Zu bedenken ist allerdings, dass die Einspeisetarife für neue Anlagen deutlich geringer sind als noch vor wenigen Jahren. Da die Einspeisetarife aber 20 Jahre gelten wird es noch etwas dauern, bis die Kosten für ältere und „teurere“ Anlagen aus dem Fördersystem fallen.
Die Finanzierung der Einspeisetarife erfolgt über die so genannte EEG-Umlage, die durch die StromverbraucherInnen finanziert wird. Durch großzügige Ausnahmen für die Industrie sind davon jedoch überwiegend private Haushalte betroffen. Konkret bedeutet das für einen privaten Haushalt mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh eine jährliche Belastung von rund 220 € (2013).
Auch in Österreich erfolgt die Förderung erneuerbarer Energie über ein Einspeisetarifsystem. Aufgrund des ohnehin bereits sehr hohen Anteils erneuerbarer Energie von 65 % am Gesamtstromverbrauch (inkl. Großwasserkraft) und der Deckelung der jährlich aufgewandten Ökostrom-Fördersumme nach Technologien ist die Situation in Österreich jedoch eine etwas andere. Die Belastung privater Haushalte bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 3.500kwh/Jahr ist mit rund 65 Euro deutlich geringer als in Deutschland. Allerdings mit steigender Tendenz: Für 2014 wird für einen durchschnittlichen Haushalt bereits ein Ökostrom-Förderbeitrag von 83 Euro prognostiziert
Quotenmodell: Ein Finanzmarkt für erneuerbare Energie?
Insbesondere in Deutschland wird von den Energieriesen bzw ihnen nahestehenden Instituten (zB RWI, frontier economics) und der FDP das so genannte Quotenmodell als Alternative zum bisherigen Vergütungssystem vorgeschlagen. Aber auch die deutsche Monopolkommission und der Sachverständigenrat zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung haben sich für ein solches Fördermodell ausgesprochen. Dieses Quotenmodell wird typischerweise in Verbindung mit handelbaren Zertifikaten empfohlen. Dabei müssen Energieversorger nachweisen, dass sie einen politisch festgelegten Teil (eine Quote) ihrer Energie aus erneuerbarer Quellen bezogen haben. Das Erfüllen dieser Quote (Mengenziel), welches meist für mehrere Jahre im Voraus bestimmt wird, muss mithilfe handelbarer Zertifikate nachgewiesen werden. So wird regelmäßig pro erzeugter MWh aus erneuerbarer Energiequellen ein Zertifikat zugeteilt, welches nur für eine festgesetzte Periode gültig ist. Wird die Quote nicht erreicht, können Zertifikate von jenen, die die Quote übererfüllen, zugekauft werden. Können nicht ausreichend Zertifikate vorgewiesen werden, hat der entsprechende Energieversorger Strafzahlungen zu leisten.
Als Paradebeispiel wird gerne das 2003 in Schweden eingeführte (und 2012 auf Norwegen ausgeweitete) Quotenmodell angeführt. Die Stromversorger wurden dazu verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass ihre VerbraucherInnen eine festgelegte Quote an erneuerbarer Energie (inkl. Wasserkraft) beziehen. Die Energieproduzenten haben dies anhand von Zertifikaten nachzuweisen. Erfolgt kein Nachweis, so werden Strafzahlungen fällig. Diese betragen aktuell 150% des mittleren Zertifikatpreises. Stromintensive Unternehmen müssen den Nachweis selbst erbringen, die sie beliefernden Energieversorger werden im Gegenzug entsprechend vom Nachweis befreit. Auch im Quotensystem existiert also das Problem großzügiger Beihilfen für Großverbraucher.
Die Quote unterscheidet nicht zwischen unterschiedlichen Technologien, sondern richtet sich allein nach dem Anteil erneuerbarer Energien. Die Produzenten erhalten für jede MWh erneuerbarer Energie ein Zertifikat (ausgenommen vor 2003 errichtete Wasserkraftwerke). Allerdings werden Windkraftanlagen zusätzlich steuerlich – und Photovoltaik durch Investitions- und Kostenzuschüsse – gefördert.
Die Folgen der Finanzialisierung
In der Praxis werden Quoten aufgrund zu geringer Strafzahlungen regelmäßig verfehlt – zdies war zum Beispiel in Großbritannien der Fall (Vgl Ofgem 2012). Ein solches marktbasiertes System ist nur dann funktionsfähig, wenn durch eine ausreichend hohe Zahl an Transaktionen und HändlerInnen eine hohe Liquidität gegeben ist. Das Quotenmodell setzt jene, die in erneuerbare Energien (EE)-Anlagen investieren, sowohl dem Zertifikatpreisrisiko als auch dem Energiepreisrisiko aus. Werden Finanzinstitute bzw. andere branchenfremde MarkteilnehmerInnen nicht vom Handel ausgeschlossen, so kann es in Zukunft zu einer Finanzialisierung des Handels mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Dies lässt hohe Volatilität der Preise für die Grünstrom-Zertifikate befürchten.
All dies bedeutet für InvestorInnen ein besonders hohes Planungs- und Investitionsrisiko. Die aus dem hohen Grad an Unsicherheit resultierenden höheren Finanzierungskosten müssen sich auch auf die EndverbraucherInnenpreisen niederschlagen. Derartige Risiken können von mittelständischen Unternehmen oder Privatpersonen kaum getragen werden. Der Markt für die EE-Anlagen bleibt so großen Konzernen vorbehalten.
Probleme zeigen sich auch am „Paradebeispiel Schweden“: Hier wurden zunächst zu viele Zertifikate ausgestellt, wodurch die Strafen zeitweise sogar billiger als die Zertifikate selbst waren. Die Preisentwicklung der Zertifikate ist sowohl kurz- als auch mittel- und langfristig durch starke Preisschwankungen geprägt.