Die Deutsche Arbeitsfront in Kärnten: ein dunkles Geschichtskapitel

19. Oktober 2017

Bisherige Forschungen zur Geschichte der Arbeiterkammer Kärnten berührten das dunkle Kapitel Nationalsozialismus nur am Rande. Eine jetzt erschienene Publikation versucht nun erstmals, diese Periode zu beleuchten. Nach der Zerschlagung der Arbeitnehmervertretung im Deutschen Reich entstanden, trat die Deutsche Arbeitsfront (DAF) 1938 an die Stelle der Arbeiterkammer Kärnten. Sie wurde ein mächtiges Propagandainstrument.

Bereits im Frühjahr 1934 führten die Ausschaltung der Selbstverwaltung der Arbeiterkammern und ihre Degradierung zu Geschäftsstellen des neu installierten (Einheits-)Gewerkschaftsbundes durch Vertreter des austrofaschistischen Herrschaftssystems zu politisch motivierten Entlassungen und Neubesetzungen. So wurde etwa der damalige Bildungssekretär der Arbeiterkammer Kärnten und spätere Vizekanzler Bruno Pittermann kurzzeitig verhaftet und – wie auch andere Kammerbedienstete – entlassen. In einem Klima anhaltender Massenarbeitslosigkeit und massiver sozialpolitischer Einschnitte forcierte die austrofaschistische Regierung die sukzessive Ausschaltung der organisierten Arbeiterschaft. Die Ablehnung der oppositionellen Arbeiterbewegung erwies sich dabei auch im Hinblick auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Nationalsozialismus als fatal.

Arbeiterkammer wird zum „Haus der Arbeit“

Mit der nationalsozialistischen Annexion Österreichs im März 1938 traten binnen weniger Tage Vertreter der regionalen Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation – gemäß Selbstdefinition eine „politische Kampfform der N.S.D.A.P in den Betrieben“ – in Aktion und bemächtigten sich der Arbeiterkammer Kärnten. Nationalsozialistische Aufsichtsorgane vollzogen in den nächsten Wochen eine Überleitung der Arbeiterkammer in die Deutsche Arbeitsfront. Der finale Liquidationsakt basierte auf einem eigens von den Nationalsozialisten geschaffenen Gesetz. Per Bescheid vom 5. August 1938 existierte die Kammer für Arbeiter und Angestellte in Klagenfurt de jure und de facto nicht mehr. Sämtliche Vermögenswerte, so auch bestehende Liegenschaften, gingen an die Deutsche Arbeitsfront. Parallel endeten automatisch die Dienstverhältnisse der Angestellten der Arbeiterkammer. An die Stelle des Arbeiterkammergebäudes trat das „Haus der Arbeit“, nunmehr Sitz der Dienststellen der DAF. Führende Funktionsträger der Organisation, keine Mitläufer des Systems, sondern als rassistische Hardliner und opportunistische Parteigänger zu charakterisieren, leiteten von hier aus die Geschicke der Massenorganisation in Kärnten.

Ziel und ideologischer Überbau der DAF

Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften im Deutschen Reich im Mai 1933 gebildet, zielte die DAF darauf ab, vorhandene Klassengegensätze durch die Integration von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in ihre Organisation zu überwinden. Bereits der Name der Organisation verrät über den Zusatz „Front“, dass die DAF darauf aus war, unter dem Primat des Bellizismus sämtliche Kräfte auf Aufrüstung, Kriegsführung und Kriegswirtschaft zu konzentrieren. Bei der Arbeitsfront handelte es sich daher nicht um eine Einrichtung zur Wahrung und Vertretung von Arbeitnehmerinteressen. Sie fokussierte auf die zielgerichtete Mobilisierung von Arbeit. Es galt „Soldaten der Arbeit“ zu formen und die Arbeitnehmerschaft als beliebige Manövriermasse nach den Bedürfnissen des Krieges auszurichten. Den ideologischen Rahmen der Arbeitsfront bildete das Konzept der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“, verstanden als eine rassistischen Dogmen folgende Gemeinschaft ausnahmslos Deutscher. Es appellierte an die nationale Einheit und Geschlossenheit und erwies sich als mobilisierungswirksame Propagandaformel des NS-Regimes.

Fokus auf Propaganda und Kraft durch Freude

In erster Linie vermochte die DAF in Kärnten, am Feld der Propaganda Akzente zu setzen. Vor dem Hintergrund rüstungs- und kriegswirtschaftlicher Zielsetzungen avancierte sie mit Fortdauer des Krieges zu einem Motor der Aufrechterhaltung der Arbeitsdisziplin, der Ausbeutung von Arbeitskraft und der Leistungssteigerung – bei paralleler Verschlechterung der Lebensbedingungen, vor allem jener der Arbeiterschaft.
Ihre Freizeitorganisation Kraft durch Freude versuchte angesichts dessen, mit unterschiedlichen Anreizen die sogenannte „Arbeitsfreude“ aufrecht zu erhalten und die Arbeiterschaft in die „Volksgemeinschaft“ zu integrieren. Dazu zählten nicht nur Kultur-, Reise- oder Sportangebote, sondern etwa auch Kurse des „Deutschen Volksbildungswerkes“. Als Erwachsenenbildungseinrichtung unter dem Dach der DAF bildete es eine wichtige Säule der nationalsozialistischen Indoktrinierungspraxis.

Fazit

Die Zerstörung des AK-Gebäudes in Klagenfurt im Jänner 1944 als Folge von alliierten Bombenangriffen auf Klagenfurt kann gleichsam als Endpunkt und als Metapher für die Zerstörung der Ideen und Ziele der Arbeiterkammer durch Exponenten der DAF in den Jahren zuvor gedeutet werden.
Die Erfahrungen von Austrofaschismus und Nationalsozialismus begründeten nach Kriegsende einen neuen Geist der gegenseitigen Wertschätzung und des Interessenausgleichs. Eines Ausgleichs, der in diesen Tagen wiederholt zur Disposition gestellt wird und zur Polarisierung der österreichischen Gesellschaft beiträgt. Ein Blick zurück wäre dienlich, vermag er doch das Erlebte und den Geist, aus dem das Erfolgsmodell der österreichischen Sozialpartnerschaft erwachsen ist sowie Tendenzen und Kräfte, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Rechtsstaatlichkeit, Menschenwürde und Demokratie zersetzten, zu verdeutlichen.

Literaturhinweis:
Daniel Weidlitsch, Die Deutsche Arbeitsfront in Kärnten 1938–1945. Zur Arbeiterkammer Kärnten zwischen ihrer Liquidierung und Wiedererrichtung, hrsg. von der Arbeiterkammer Kärnten, Klagenfurt 2017.