Der Finanzausgleich soll aufgabenorientierter werden. Diese Forderung begleitet die derzeit laufenden Finanzausgleichsverhandlungen und wird von allen VerhandlungspartnerInnen grundsätzlich unterstrichen. Dennoch gestaltet sich eine Einigung auf einen konkreten Vorschlag schwierig. Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat Ende 2015 im Auftrag der Arbeiterkammer Wien einen konkreten Vorschlag präsentiert, wie Aufgabenorientierung am Beispiel der Kinderbetreuung aussehen kann. Nachfolgend werden die Vorschläge in das Jahr 2017 fortgetragen.
Unser Vorschlag basiert auf mehreren Säulen. Erstens wollen wir die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung enger zusammenführen, zweitens ein ausreichend großes Verteilungsvolumen definieren und drittens der Mittelverteilung aussagekräftige und bundesweit einheitliche aufgabenorientierte Indikatoren zugrunde legen.
Zusammenführen der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung = Transferentflechtung
Die Finanzierungsströme zwischen Gemeinden und Ländern sind derzeit eng miteinander verwoben. In allen Bundesländern bestehen laufende Transferzahlungen der Länder an die Gemeinden, um einen Teil des laufenden Aufwands (insbesondere den Personalaufwand) der Gemeinden zu decken. In Niederösterreich ist das pädagogische Personal beim Land angestellt.
Von Seiten der Länder wird betont, dass sie mithilfe dieser Förderungen eine Feinsteuerung im Kinderbetreuungsbereich erreichen wollen. Tatsächlich beinhalten die Förderregelungen jedoch nur in geringem Maße tatsächliche Anreize zum Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes (v.a. längere Öffnungszeiten, weniger Schließtage), da in erster Linie eine Gruppenförderung (meist in Form von Personalkostenersätzen) erfolgt. Gleichzeitig ist die Förderung des laufenden Betriebes mit einem hohen Administrationsaufwand verbunden – sowohl für die Kinderbetreuungseinrichtungen als auch für die Länder. In Summe zeigt sich, dass die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung nicht in einer Hand ist.
Um dies zu ändern wird von uns eine Transferentflechtung vorgeschlagen. Dies bedeutet, dass die bestehenden Förderungen zum laufenden Betrieb der Gemeinden entfallen würden. Im Gegenzug käme es zu einem Abtausch zwischen Ertragsanteilen der Länder und Gemeinden. Dies wäre eine aufkommensneutrale Lösung für die Summe der Gemeinden sowie die Summe der Länder. Zwischen den Gemeinden käme es zu einer aufgabenorientierten Umverteilung, da die Mittel gemäß ausgewählter Leistungsindikatoren verteilt werden würden. Dadurch entstehende veränderte Mittelverteilungen zwischen den Gemeinden könnten durch entsprechende Übergangsregelungen abgefedert werden.
Die Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung für den laufenden Betrieb würde bei einem Transferabtausch ausschließlich bei den Gemeinden liegen. Auch die konkrete Aufgabenverantwortung (daher welches Angebot wird tatsächlich angeboten) würde hier in erster Linie von den Gemeinden bestimmt. Die Länder würden die gesetzlichen Rahmenbedingungen vorgeben und eine wichtige planende und koordinierende Rolle einnehmen. Zusätzlich könnten die Länder über gesonderte Förderschwerpunkte ergänzende gezielte Förderungen vergeben (z.B. Aufrechterhalten eines Versorgungsniveaus in Regionen mit Bevölkerungsrückgängen).
Ausreichend großes Verteilungsvolumen
Unser Vorschlag sieht vor, dass im Rahmen eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs 50 Prozent der laufenden Ausgaben abgedeckt werden. Ein vollständiges Abdecken über aufgabenorientierte Indikatoren wird nicht empfohlen, um die Anreize für eine effiziente Mittelverwendung aufrecht zu erhalten. Die somit nicht über einen aufgabenorientierten Finanzausgleich gedeckten Ausgaben würden dementsprechend durch die Basisausstattung der Gemeinden aus den gegebenen eigenen Einnahmen (Ertragsanteile, eigene Steuern) gedeckt werden.
Beim aktuellen Finanzierungsbedarf im Kinderbetreuungsbereich kann grundsätzlich zwischen dem laufenden Betrieb und dem Investitionsbereich unterschieden werden, wie dies in der folgenden Übersicht dargestellt ist.
Die laufenden Ausgaben der Gemeinden beliefen sich 2014 auf 1.592 Mio. Euro inkl. Wien. Unter der Annahme einer Transferentflechtung (Entfall der Landesförderungen für den laufenden Betrieb) müssten die niederösterreichischen Gemeinden zusätzlich auch die Ausgaben für das pädagogische Personal tragen (welches konsequenterweise dann vom Land an die Gemeinden zu übertragen wäre). Auch wird angenommen, dass die laufende Finanzierung von privaten Rechtsträgern von der Länder- auf die Gemeindeebene übertragen wird, was im Jahr 2014 265 Mio. Euro betrifft. Damit ergibt sich in Summe ein laufender Finanzierungsbedarf der Gemeindeebene in der Höhe von 2,0 Mrd. Euro für das Jahr 2014.
Zusätzlich werden in der Übersicht auch die Ausgaben für den Investitionsbereich dargestellt. Diese Ausgaben betreffen nochmals 169 Mio. Euro. Diese einmaligen Mittel lassen wir nicht in einen aufgabenorientierten Finanzausgleich einfließen, da die Länder oder der Bund weiterhin über gesonderte Förderschwerpunkte zusätzliche gezielte Förderungen vergeben können sollen.
Tabelle 1: : Finanzierungsbedarf im Kinderbetreuungsbereich 2014