Wie eine kürzlich präsentierte AK-Studie zu 30 Jahre Bildung anschaulich zeigt, sind Frauen bei der Bildung nicht mehr hintennach, sondern vorne. Lange Zeit waren die Emanzipationsbestrebungen davon geprägt, dass der Schlüssel zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bildung liegt. Am Arbeitsmarkt hat das zwar auch etwas gebracht, aber bei Weitem nicht so viel, wie ursprünglich erwartet.
Positiv hat sich die Bildungsexpansion auf eine stärkere Präsenz von Frauen am Arbeitsmarkt ausgewirkt, aber viele der von Frauen besetzten Arbeitsplätze bieten kein ausreichendes Einkommen, um davon leben zu können. Dabei wird viel wertvolle Arbeit geleistet – Arbeit, die belastet, mit hoher Verantwortung, organisatorischen oder kommunikativen Fähigkeiten etc. verbunden ist, aber nicht entsprechend honoriert wird. Ebenso ist eine Umverteilung von Arbeit und das Aufbrechen von Rollenmustern und -zwängen zwischen den Geschlechtern nötig.
Wert von Arbeit muss sichtbar werden
Für eine Aufwertung von Frauenarbeit müssen die damit verbundenen Herausforderungen und die Bezahlung sichtbar werden. Belastende Arbeitsbedingungen wie etwa permanenter KundInnenkontakt, emotionale Herausforderungen bei der Betreuung und Pflege von älteren Menschen, der Lärmpegel von Kindern, organisatorische und kommunikative Anforderungen an die Sekretariatstätigkeit, körperlich anstrengende Reinigungsarbeiten werden zu wenig wahrgenommen und oft nicht entsprechend entlohnt. In der Schweiz gab es vor Jahren eine Aktion von Gewerkschaften, auf Bierdeckeln die Gehälter der Bediensteten in der Gastronomie sichtbar zu machen. Die Gäste sollten erfahren, welchen Stundenlohn Beschäftigte, die sie bedienen, bekommen.
Faire Einkommen
Für eine gerechte Bewertung von Arbeit braucht es einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass qualitätsvolle Pflege, Bildung oder Frühförderung etwas kostet und dafür von der öffentlichen Hand auch ausreichend Geld bereitgestellt werden muss. Und es braucht faire Einkommen für Beschäftigte, die sich um pflegebedürftige Menschen kümmern, die uns im Gasthaus das Essen und Trinken bringen, die dafür sorgen, dass unser Arbeitsplatz sauber ist, die unentwegt Waren über die Scannerkasse ziehen oder die uns die Haare schneiden und föhnen.
In der Phase der Familiengründung passieren Weichenstellungen bei der Verteilung von bezahlter als auch unbezahlter Arbeit. Rahmenbedingungen in der Kinderbetreuung und Schule, die Teilzeit begünstigen, Barrieren für eine Erhöhung der Arbeitszeit aufgrund eines hohen Eingangssteuersatzes oder des „Alleinverdienerbonus“ machen diese Arbeitsteilung für Paare ökonomisch sinnvoll. Die Folge ist, dass die Mehrzahl der Paare das 1,5-Verdiener-Modell, sprich Vollzeit des Partners und Teilzeit der Partnerin, wählen.
Beruf und Kinder
Zunehmend wird auch die Identifikation von Männern über Erwerbsarbeit brüchig, viele Väter wollen Zeit mit der Familie verbringen, das Heranwachsen ihrer Kinder bewusst miterleben. Frauen wollen sich nicht zwischen Beruf und Kinderbetreuung entscheiden müssen, sie wollen beides, ohne dabei auszubrennen oder das Gefühl zu haben, beide Bereiche und vor allem sie selbst kommen zu kurz.
In Schweden wird eine ausgewogene Verteilung der Arbeitszeit zwischen Partnern gefördert, in Deutschland wird eine Lohnersatzleistung bei Familienarbeitszeit diskutiert, um eine gleichmäßigere Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zu unterstützen. Auch in Österreich ist es an der Zeit, mit dem Umbau der Förderung des Ernährer- bzw. Zuverdienermodells zugunsten einer partnerschaftlichen Teilung zu beginnen.
Dieser Beitrag stammt aus der eben neu erschienenen Ausgabe von Arbeit&Wirtschaft, die das Thema ”Femme geniale” zum Schwerpunkt hat.
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