Eine Zukunftssozialpartnerschaft für den Neustart

16. Juni 2020

Die betriebliche und überbetriebliche Sozialpartnerschaft hat sich während der Krise als besonders wichtiger Schlüssel zu tragfähigen Lösungen bewährt. Um einen guten Weg aus der Krise zu finden und Arbeitsplätze und Unternehmen zu sichern, wird es umso wichtiger sein, die betriebliche Mitbestimmung zu nützen und aus der Krisensozialpartnerschaft eine tragfähige Zukunftssozialpartnerschaft zu entwickeln.

AK-Umfrage zu den betrieblichen Auswirkungen des Coronavirus

Das Coronavirus stellte seit Mitte März ganz Europa vor gesundheitliche und wirtschaftliche Herausforderungen. Etliche Branchen waren für einige Wochen infolge des Lockdowns zumindest teilweise lahmgelegt. Um einschätzen zu können, wie die Krise konkret die Betriebe erfasste und welche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage sowie die Beschäftigten von den Betriebsräten beobachtet werden, führte die Arbeiterkammer Wien (Abteilung Betriebswirtschaft/IFAM) eine Umfrage bei großen österreichischen Kapitalgesellschaften durch, an der sich knapp 500 BetriebsrätInnen beteiligten.

Wirtschaftliche Folgen: Umsatz- und Gewinneinbußen

Wirtschaftlich sind die Auswirkungen der Krise enorm: Drei Viertel aller Befragten rechneten mit Umsatzrückgängen, jede/r Sechste erwartet sogar Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent. Auch bei der Einschätzung zum Unternehmenserfolg zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: 90 Prozent rechnen mit Gewinneinbußen, davon jede/r Fünfte damit, dass das Unternehmen in die Verlustzone gerät. Nur jede/r zehnte Arbeitnehmervertreter/in glaubt, dass die Verluste heuer noch aufgeholt werden können. Alle anderen Befragten meinen, dass die negativen Zahlen am Jahresende in der Bilanz ihren Niederschlag finden werden.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Auffällig ist, dass die großen Kapitalgesellschaften offensichtlich in den konjunkturell guten letzten Jahren Liquiditätsreserven aufbauen konnten. Über 70 Prozent der Arbeitnehmervertreter/innen schätzen die vorhandene Liquidität zum Untersuchungszeitpunkt nach wie vor als gut oder sehr gut ein. Selbstverständlich ist auch diese Frage eng mit der Dauer der Krise verknüpft. Mit anhaltender Dauer ist zu vermuten, dass sich die vorhandenen Liquiditätsreserven erschöpfen können. Umso wichtiger wird es sein, dass eine gute Liquiditätsplanung erfolgt und weiterhin genügend Mittel in den Unternehmen zur Verfügung stehen, indem die Unternehmensgewinne vom Vorjahr nicht ausgeschüttet werden.

Tragfähige Sozialpartnerschaft während der Krise

Die Corona-Krise hat massive Auswirkungen auf die Beschäftigten. Bei den großen Kapitalgesellschaften konzentrieren sich die Auswirkungen vor allem auf Kurzarbeit und auf vorzeitigen Urlaubsverbrauch. Kurzarbeit ist bei jedem zweiten Unternehmen ein Thema, ein vorzeitiger Abbau von Überstunden dagegen bei über 70 Prozent. Als Erfolg der betrieblichen Sozialpartnerschaft während der Krise ist zu werten, dass Kündigungen in 80 Prozent der Fälle vermieden werden. Jedes zweite Unternehmen setzte auf Kurzarbeit, was vor allem auf das von den Sozialpartnern ausverhandelte Modell der Kurzarbeit zurückzuführen ist. In den meisten Unternehmen besteht laut Angaben der Befragten eine tragfähige Beziehung zwischen der Belegschaftsvertretung und dem Management.

Erfolge der Sozialpartnerschaft während des Lockdowns:

  • In 80 Prozent der Fälle konnten bisher Kündigungen vermieden werden, stattdessen wurde bei jedem zweiten Unternehmen auf Kurzarbeit gesetzt.
  • Geschäftsführungen und Betriebsräte arbeiten eng zusammen, der Informationsfluss läuft in der Regel sehr gut, und die Betriebsräte werden in vielen Fällen – vor allem bei Maßnahmen, die die Beschäftigten betreffen – in die Entscheidungsfindung einbezogen.
  • Homeoffice-Lösungen und Gesundheitsschutzmaßnahmen wurden oft rasch umgesetzt.
Dekoratives Bild © A&W Blog
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Weg frei für eine Zukunftssozialpartnerschaft

Wenn es in den nächsten Wochen und Monaten nun darum gehen wird, Wege aus der Krise zu finden und Arbeitsplätze und Unternehmen zu sichern, wird es umso wichtiger sein, die Lösungskompetenz der Sozialpartnerschaft zu nützen, um aus der Krisensozialpartnerschaft eine tragfähige Zukunftssozialpartnerschaft zu entwickeln. Bei den untersuchten österreichischen Schlüsselunternehmen mit Mitbestimmung durch Betriebsräte konnten flexible Lösungen rasch und angesichts der enormen Dimension der Krise relativ „problemlos“ umgesetzt werden. Dieses Modell muss jetzt auch beim Wiederhochfahren der Wirtschaft gelebt werden. Gerade jetzt wird es wichtig sein, gemeinsame Lösungen zu finden. Wichtige Zukunftsthemen werden neben der Existenzsicherung der Unternehmen und der Arbeitsplätze neue Formen der Arbeitsorganisation, die Sicherung des hohen Gesundheitsstandards, Chancen der Digitalisierung und generell das Thema nachhaltiges Wirtschaften und Klimaschutz sein. Ebenso belegen auch Studien, dass die unternehmerische Mitbestimmung einen Beitrag leistet, mögliche Risiken von strategischen Transformationsprozessen abzufedern.

Wichtige Themen für die Zukunftssozialpartnerschaft:

  • Existenzsicherung der Unternehmen und der Arbeitsplätze
  • Chancen neuer Formen der Arbeitsorganisation nützen
  • Nachhaltiges Wirtschaften, regionale und digitale Trends verfolgen
  • Strategien zum Klimaschutz entwickeln
  • Sicherung des hohen Gesundheitsstandards und Arbeitnehmer/innenschutzes.
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