Wohnbauförderung und Finanzausgleich

04. Januar 2016

Mit Hilfe der Wohnbauförderung (WBF) sollen unter anderem die Mieten niedrig gehalten werden. Insbesondere durch ihre Reform im Rahmen des Finanzausgleichs konnte sie ab 2001 diese Funktion nur mehr eingeschränkt wahrnehmen. Die Preise für Wohnraum stiegen so in den letzten Jahren deutlich über der Inflationsrate. Ein Anstieg, der vor allem von Neuverträgen im privaten Sektor ausgegangen ist. Für eine Begrenzung der Mietkosten braucht es deshalb einerseits Verbesserungen des Mietenbegrenzungssystems im Mietrechtsgesetz. Andererseits ist der Wohnungsneubau insbesondere der gemeinnützigen Baugenossenschaften wieder verstärkt zu fördern. Eine neuerliche Reform des Wohnbauförderungsbeitrages kann dafür einen Beitrag leisten.

 

Wohnbauförderungsbeitrag

Der Wohnbauförderungsbeitrag beträgt ein Prozent der Lohnsumme und ist jeweils zur Hälfte von ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn bis zur Höchstbemessungsgrundlage zu tragen. Für 2015 werden rund 970 Mio. Euro an Wohnbauförderungsbeiträgen erwartet.

Der Wohnbauförderungsbeitrag war aber immer nur ein Teil der Mittel, die insgesamt für die Förderung des Wohnungsneubaus und der Sanierung eingesetzt wurden. Weitere Mittel für die Wohnbauförderung kamen aus allgemeinen Steuereinnahmen und über die Rückflüsse aus den in der Vergangenheit gewährten Förderdarlehen.

Seit 2009 hat der „Wohnbauförderungsbeitrag“ mit dem Wohnbau, außer dem Namen, übrigens nichts mehr zwingend gemein, da er nicht mehr zweckgewidmet ist. Er fließt ähnlich wie Einkommens-, Körperschafts- oder Umsatzsteuer ins allgemeine Steueraufkommen. Spezifisch ist nur mehr seine Verteilung: Die Länder erhalten einen nicht inflationsgesicherten fixen Betrag von 1,78 Mrd Euro, während der jährlich wachsende Rest dem Bund verbleibt.

Die Wohnbauförderung im Zeitverlauf

Das Spezielle der Wohnbauförderung ist, dass der weit überwiegende Teil keine Förderung im klassischen Sinne ist, sondern für die Vergabe von (geförderten) Krediten verwendet wird. Über die Jahre würde sich damit ein rasch wachsendes öffentliches Forderungsvermögen ergeben, das für den Wohnbau verwendet werden kann – sofern die Kreditrückzahlungen auch in diesem Bereich reinvestiert werden. Das ist jedoch zunehmend nicht mehr der Fall.

Seit 1989, als die Kompetenzen für Wohnbauförderung vom Bund an die Länder übertragen wurden, stellt der Bund die Mittel für den Wohnbau den Ländern über den Finanzausgleich zur Verfügung. Wie schon erwähnt, ergab sich ein Teil der den Ländern zugewiesenen Mittel ursprünglich aus dem Wohnbauförderungsbeitrag, der Rest aus allgemeinen Steuereinnahmen. Seit 1996 sind die Wohnbaumittel des Bundes (diverse Sonderförderungen ausgenommen) im Rahmen des sogenannten „Zweckzuschuss für Wohnbauförderung“ mit 1,78 Mrd. Euro gedeckelt. Es kam seither zu keiner Valorisierung mehr. Zum Vergleich: bei einer Valorisierung der Wohnbaumittel mit dem Baukostenindex müssten mittlerweile 2,86 Mrd. Euro, bei einer Valorisierung mit dem VPI 2,58 Mrd. Euro, aufgewendet werden.

2001 wurde die Zweckbindung der Darlehensrückflüsse auf Druck der Bundesländer aufgehoben. Des Weiteren wurde der „Zweckzuschuss für die Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung“ des Bundes in einen Zweckzuschuss zur „Finanzierung der Förderung des Wohnbaues und der Wohnhaussanierung, der Finanzierung von Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung der Infrastruktur und zur Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen“ umgewandelt, also derart aufgeweicht, dass dies seiner faktischen Abschaffung gleichkam.

In Summe flossen seit 2001 21 Mrd. Euro an in der ursprünglich vergebenen Wohnbauförderungsdarlehen wieder an die Bundesländer zurück; davon sind genau die Hälfte „normale“ Rückflüsse (entsprechend der bei Fördergewährung vereinbarten – oder bei Zahlungsschwierigkeiten auch abgeänderten – Tilgungspläne). Die andere Hälfte sind Erlöse aus sogenannten Darlehensverkäufen. Darlehensverkauf heißt, dass die noch offene Forderung (der noch offene, zu tilgende Betrag) an Dritte verkauft wird.

So lange eine Zweckbindung bestand, gab es kaum einen Grund diese Darlehen zu verkaufen, da die erlöste Summe für neue Wohnbaudarlehen zur Verfügung gestellt werden musste. Mit dem Fall der Zweckbindung konnten durch Darlehensverkäufe aber entsprechend große Summen an Wohnbaumittel in zusätzliche Einnahmen für die allgemeinen Landeshaushalte umgewandelt werden. Diese Mittel stehen nun für weitere Wohnbauförderungsmaßnahmen in der Regel nicht mehr zur Verfügung. Aus diesem Grund fordert die AK eine Wiedereinführung der Zweckbindung für diese Rückflüsse.

Dekoratives Bild © A&W Blog
Quelle: BMF Länderberichte über die Wohnbauförderung © A&W Blog
Quelle: BMF Länderberichte über die Wohnbauförderung

In der obigen Grafik sind die Ausgaben für Wohnungsneubau und Sanierungen den Einnahmen aus dem Zweckzuschuss Wohnbauförderung (violett) und Erträgen aus Wohnbaudarlehen (grün, rot und blau) gegenübergestellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden nur die Werte der Ausgaben und der Forderungsverkäufe eingetragen. Es zeigt sich, dass seit 2001 nur 2008, 2009 und 2014 mehr für Wohnbau ausgegeben wurde als an ehemals der Zweckbindung unterliegenden Mitteln eingenommen wurde. 2001 und 2002 stechen vor allem die Forderungsverkäufe Niederösterreichs, Oberösterreichs und Kärntens hervor. Oberösterreich hat seit 2005 und Kärnten seit 2009 nicht einmal seinen Anteil aus dem ehemaligen Zweckzuschuss Wohnbauförderung (violett) in die Wohnbauförderung gesteckt.

Historisch wurde die Wohnbauförderung seit Bestehen der zweiten Republik also sukzessive immer mehr in den Verantwortungsbereich der Länder verschoben. Mit dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) 2008 wurde in dieser Hinsicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Alle vormals dem Wohnbau zweckgewidmeten Mittel unterliegen seitdem überhaupt keiner Zweckbindung mehr. Das Wohnbauförderungsvolumen liegt nun ausschließlich im Ermessen der Bundesländer.

Volumen

Die Bundesländer erhielten in den Jahren 2009 – 2014 insgesamt über 81 Mrd. Euro an Ertragsanteilen vom Bund. 11% dieser Mittel unterlagen bis zum FAG 2008 einer Zweckbindung für den Wohnbau. Zwischen 2009 und 2014 gaben die Bundesländer zwar tatsächlich mehr als die ursprünglich der Zweckbindung unterliegenden, jährlich überwiesenen Bundesmittel für die Wohnbauförderung aus. Unter Einbeziehung der Rückflüsse aus den Wohnbaudarlehen (inkl. Erlösen aus dem Verkauf derselben, insgesamt 8,7 Mrd Euro) nahmen die Länder paradoxerweise jedoch mehr Geld aus dem Titel Wohnbauförderung ein als sie dafür ausgaben.

Die Bundesländer gaben also im Schnitt zwar mehr aus, als sie an vormals direkt für den Wohnbau zweckgewidmeten Mitteln vom Bund erhielten, tatsächlich liegt aber schon seit 2001 eine erhebliche Schmälerung des Wohnbauförderungsvolumens vor, weil die Darlehensrückflüsse nicht berücksichtigt werden. 2014 waren das in Summe über alle Bundesländer 1,2 Mrd. Euro an Darlehensrückflüssen – und das obwohl in Summe schon 10,5 Mrd. Euro an Forderungen verkauft wurden, welche somit keine Rückflüsse mehr generieren. Die besondere Bedeutung dieser Mittel zur Finanzierung des Wohnungsneubaus muss wieder betont werden, da ihr Wegfall ebenso zu einem verminderten Volumen der Wohnbauförderung beiträgt. Unter diesen Gesichtspunkten ist eine Wiedereinführung der Zweckbindung für alle Wohnbaumittel (Zweckzuschuss und Darlehensrückflüsse)auch im Sinne der Budgettransparenz unerlässlich.

Verteilung

Das Hauptkriterium bei der Mittelverteilung des ehemaligen Zweckzuschusses für die Wohnbauförderung – also der 1,78 Mrd. Euro – ist der sog. Fixschlüssel. Der Fixschlüssel ist ein im Finanzausgleich definierter Verteilungsschlüssel für die Bundesländer, der sich grundsätzlich an der Bevölkerungszahl orientiert.

Diese Verteilung entspricht zwar dem österreichischen Föderalismus, stellt aber keineswegs sicher, dass die Wohnbaumittel in jenen Regionen investiert werden, in denen der Bedarf am höchsten ist. Man denke etwa an die Landeshauptstädte Salzburg und Innsbruck mit dem höchsten Mietniveau oder den deutliche Anstieg des Mietniveaus in Wien in den letzten Jahren.

Im Gegensatz dazu ist in vielen Abwanderungsgebieten das Preisniveau gleich geblieben oder sogar gesunken. Eine Wohnbauförderung in solchen Regionen erscheint nicht zweckmäßig. Daher gilt es zu überlegen wie die Wohnbauförderungsmittel zweckgerichteter eingesetzt werden können. Mögliche Grundlage für eine neue Mittelverteilung wären die Bevölkerungsprognose statt des Bevölkerungsschlüssels, das regionale Preisniveau oder auch die regionale Entwicklung des Preisniveaus.

Schlussfolgerung

Die Preisdynamik der letzten Jahre zeigt, dass eine weitere Förderung des Wohnungsneubaus notwendig ist. Die immer weiter erfolgte Ausweitung der Landeskompetenzen hat sich, mit Blick auf die Wohnungsmarktentwicklung in den letzten Jahren, nicht bewährt. Konkret zeigt sich, dass bei den Rückflüssen aus Wohnbaudarlehen nur noch zu einem Teil für Wohnbau verwendet wurden und werden. Um die Zielgerichtetheit der Wohnbauförderung sicherzustellen gilt es daher die aktuelle Mittelverteilung – vor allem im Interesse Junger, erstmals am Wohnungsmarkt aktiver – zu überdenken.