Wird der Verkehr durch die neue Normverbrauchsabgabe klimafreundlicher?

30. Juni 2021

Ab 1. Juli 2021 wird die Normverbrauchsabgabe (NoVA) in kleinen Zwischenschritten bis 2024 ökologisiert. Mit einer neuen Berechnungsformel will die Bundesregierung den Kauf von verbrauchsarmen Neuwagen ankurbeln. Große „Stinker“ sollten beim Neukauf teurer, Pkw mit geringen Emissionen günstiger und damit wettbewerbsfähiger werden. Berechnungen für gängige Pkw-Modelle zeigen, dass das nur teilweise gelingt. Beim psychologisch wichtigen Anschaffungspreis bleiben E-Autos teurer als vergleichbare Verbrenner.

Was ist die NoVA?

Bei der Normverbrauchsabgabe (NoVA)[1] geht es um einen prozentuellen Aufschlag auf den gemeinen Wert von bestimmten Kraftfahrzeugen, der in Österreich beim Kauf oder Import anfällt. Diese Zulassungssteuer wird nach dem offiziellen CO2-Ausstoß bemessen. Der Steuersatz ergibt sich dadurch, dass der Ausstoß um einen Abzugsbetrag von 112 g CO2 vermindert und dann durch 5 dividiert wird. Bei einem Mittelklassewagen mit 125 g CO2 wären das also 3 Prozent NoVA vom Bruttoverkaufspreis. Ergänzt wird die NoVA-Formel durch den „Malus-Betrag“ (Aufschlag pro Gramm CO2, wenn ein CO2-Höchstwert überschritten wird) und die Deckelung des Maximalsteuersatzes (derzeit 32 Prozent). Die NoVA kann so eine Lenkungsfunktion hin zu verbrauchsärmeren Fahrzeugen ausüben.

Was verändert die neue NoVA?

Die wesentliche Maßnahme der Reform ist eine Reduktion des Abzugsbetrages (in mehreren Schritten) von derzeit 112 g auf künftig 97 g CO2, was automatisch die Steuerbelastung beim Neukauf eines Autos mit Verbrennungsmotor erhöht. Konkret steigt der NoVA-Steuersatz bei Pkw mit Verbrennungsmotoren zwischen 1. Juli 2021 und 1. Jänner 2024 im Durchschnitt um 3 Prozentpunkte. Dies gilt für stark motorisierte Pkw (z. B. BMW 335d xDrive Gran Turismo Adv. Aut. Verbrauch: 7,3 l Diesel/100 km, 230 kW), aber auch für kleine verbrauchsarme Pkw (z. B. Opel Corsa 1,2 Direct Injection Turbo Edition – Limousine, Verbrauch: 5,5 l Benzin/100 km, 75 kW).

Am Preisverhältnis zwischen Verbrennern und Stromern ändert die neue NoVA aber wenig. Vergleichsrechnungen für gängige Marken zeigen, dass die NoVA bis 2024 beim psychologisch wichtigen Kaufpreis nach Steuern keine Wende herbeiführen kann: Stromer bleiben auch nach der NoVA-Reform teurer als Verbrenner. Österreich muss auf die Hersteller vertrauen, dass sie E-Fahrzeuge am Markt billiger anbieten. Aktuelle Untersuchungen kommen zum Ergebnis, dass das durch die Effizienzsteigerungen bei Produktion und Forschung bis spätestens 2027 der Fall sein sollte.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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In der Gesamtkostenrechnung haben E-Pkw bekanntermaßen schon jetzt einen Kostenvorteil gegenüber Verbrennern. Den höheren Anschaffungskosten stehen nämlich niedrigere Betriebskosten gegenüber. Je höher die Fahrleistung und die Haltedauer des Autos, desto höher der Vorteil des E-Autos. Insofern kann ein E-Auto gerade für PendlerInnen ohne zumutbares Öffi durchaus interessant sein. Die NoVA-Änderungen bringen aber auch hier keine nennenswerten preislichen Zusatzanreize. Ob die neuen NoVA-Regelungen „Pionierentscheidungen“ zugunsten des Stromers bei bestehenden Defiziten (v. a. Netzdichte und Transparenz beim Aufladen) verstärken können, ist also fraglich.

Steuerschlupflöcher für dicke SUVs bleiben aufrecht

Eine zweite Maßnahme der Reform war die Anhebung des Maximalsteuersatzes von 32 auf 80 Prozent. Sie erscheint auf den ersten Blick zweckmäßig und lässt Erinnerungen an die „Luxussteuer“ aufkommen. Eine Analyse des Neuwagenmarktes zeigt jedoch: Nur ein absoluter Luxuswagen (z. B. Ferrari F8 Tributo, 529 kW, Verbrauch: 12,9 l Benzin/100 km) kann die bisher geltende Grenze von 32 Prozent überspringen. Die Maßnahme hat also eher Symbolcharakter. Relevanter könnte dagegen ein steuerliches Schlupfloch für andere Premium-Fahrzeuge werden. Sogenannte Plug-in-Fahrzeuge (= Pkw mit Verbrennungsmotor und einem Akku zum Aufladen, der eine elektrische Reichweite von mindestens 40 km erlaubt) bleiben aufgrund der Berechnungsformel NoVA-steuerfrei. Obwohl das Umweltbundesamt festhält, dass diese Fahrzeuge im Realbetrieb überwiegend fossil betrieben werden (70 Prozent) und in ihrer gesamten Öko-Bilanz (v. a. Erzeugung von Motor und Akku) nur unwesentlich besser als Verbrenner sind, hat die NoVA-Reform an der steuerlichen Begünstigung nichts verändert. Hersteller werden also weiterhin gezielt auch Luxus-SUVs mit über 10 Liter Realverbrauch und bis 680 PS NoVA-frei verkaufen können.

Was braucht es, damit klimafreundliche Autos für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen interessant werden?

Wer nicht mobil ist, kann am sozialen und öffentlichen Leben kaum teilnehmen. Neben der Frage der Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes geht es auch um die Befriedigung der materiellen und sozialen Bedürfnisse, um Nahversorgung, Bildung, Erholung und um Lebensqualität. Das gilt insbesondere für den ländlichen Raum, wo die unschlagbar billigen Öffis nicht ausreichend verfügbar sind. Abgesehen davon, dass der Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch hier rasch vorangetrieben werden muss, haben da klimafreundliche Kraftfahrzeuge ihren Platz im Mobilitätsmix. Damit sie sich mittelfristig gegen den Verbrenner durchsetzen können, muss sich aber nicht nur die preisliche Wettbewerbsfähigkeit verbessern, sondern es müssen auch weitere Rahmenbedingungen erfüllt sein:

1) Rascher und massiver Ausbau der Ladeinfrastruktur. Österreich liegt im EU-Vergleich nicht schlecht. Für die angepeilte Neuwagen-Quote von 50 Prozent muss sich das Angebot noch deutlich verbessern.

2) Transparenz beim Stromtanken. Derzeit haben es Konsumentinnen und Konsumenten schwer, die Preise der unterschiedlichen Angebote zu vergleichen. Eine durchdachte Kaufentscheidung ist nur schwer möglich. Sinnvoll wäre daher eine auf den Energieverbrauch bezogene Abrechnung (pro Kilowattstunde) und ein Preismonitoring, vergleichbar dem Spritpreismonitor. Das könnte bei der E-Control angesiedelt werden, die derzeit bereits das Ladepunkteregister führt.

3) E-Auto dürfen nicht dem Luxussegment vorbehalten sein. Hersteller müssen auch im Klein- und Mittelklasse-Segment günstige Alternativen zum Verbrenner anbieten. EU-Vorschriften müssen endlich Herstellern Vorgaben geben.

4) Auch beim Autokauf müssen die Verbraucherinformationen eindeutig und europaweit von der EU für alle Autos – ob Benziner, Diesel oder E-Auto – geregelt werden. Dabei müssen alle Antriebe verlässliche Infos über den Energieverbrauch bei Realbetrieb sowie über die Ökobilanz einschließlich der Herstellung bereitstellen.

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