Warum die Abschaffung des Bankgeheimnisses gut für Österreich ist

11. Juni 2015

Die Regierung plant im Zuge der Gegenfinanzierung der Steuerreform entschieden gegen Steuerbetrug vorzugehen und unter anderem das Bankgeheimnis abzuschaffen. Die GegnerInnen dieser Maßnahme sehen Österreich in den totalitären Überwachungsstaat abgleiten. Fünf Argumente warum es wichtig ist, dass die Regierung in dieser Frage nicht einknickt und dem Heer aus selbsternannten DatenschützerInnen die Stirn bietet.

Steuerhinterziehung ist ein Verbrechen an der Allgemeinheit

Der eine oder die andere Bürgerin mögen mit der aktuellen Ausgestaltung des Steuersystems nicht zufrieden sein, und dieses aus welchen Gründen auch immer für ungerecht halten. Eine Änderung des Status quo muss dann aber im demokratischen Prozess erkämpft werden. Wer so tut als ob Steuerbetrug ein legitimes Mittel wäre „um sich zu wehren“ oder ein bloßes Kavaliersdelikt, das mit einem Augenzwinkern geduldet wird, wendet sich vom Prinzip des Rechtsstaates ab.

Der Staat kennt jeden Lohnzettel

Die überwiegende Mehrheit der einkommensbeziehenden ÖsterreicherInnen ist vor der Steuerbehörde so durchsichtig wie eine frisch geputzte Fensterscheibe. All jene, die über Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit verfügen können keine Sekunde darüber entscheiden, ob sie nun ihre gesetzlich vorgeschriebenen Steuern und Abgaben an den Staat abführen. Das machen die ArbeitgeberInnen im Zuge der Lohnverrechnung für sie. Das Finanzamt kennt jeden Lohnzettel Österreichs.

Auf die Information der Steuerpflichtigen ist das Finanzamt in anderen Fällen angewiesen: Bei UnternehmerInnen, zum Beispiel. Die machen eine Einkommenssteuererklärung, und können sich überlegen, was sie offiziell verrechnen und was sie aus den Büchern draußen halten. Oder bei Besitzenden: Wer eine Wohnung unter der Hand vermietet, spart sich die Steuern auf seine Mieteinkünfte. Beliebt ist die Frage “Brauchen’s a Rechnung” im Gastgewerbe – keine auszustellen ermöglicht nicht nur, aus der so gefüllten Schwarzgeldkassa das Personal ganz ohne Anmeldung zu bezahlen, sondern sich auch noch die von der Konsumentin bezahlte Mehrwertsteuer einzubehalten. Betrug an den VerbraucherInnen, den ArbeitnehmerInnen und an der Allgemeinheit im selben Streich.

Betrügen können vor allem die Reichen, schaden tut das dem Rest

Während also jene, die ihr Einkommen durch unselbstständige Arbeit erhalten niemals entscheiden können, Steuer zu hinterziehen, ist diese Möglichkeit für die Besitzenden in der Form des Bankgeheimnisses in der Verfassung verankert. Das Bankgeheimnis verunmöglicht in seiner aktuellen Fassung den Behörden effektive Verfolgung von Steuerhinterziehung. Die GegnerInnen des aktuellen Regierungsentwurfs suggerieren mit einem vorgeschobenen Datenschutzargument (siehe unten), dass alle BürgerInnen gleich betroffen wären. Diese Strategie der Besitzenden ist nicht neu. Sie tun so, als wären alle Leute reich, als wären alle Menschen potenzielle Erben und als wären alle Leute ohne den Staat besser dran, als mit. Das Punkt eins und zwei nicht stimmen zeigt jede Vermögensstatistik. Für Punkt drei reicht die Logik. Reiche Leute brauchen kein öffentliches Gesundheitssystem, sie zahlen sich selbst die besten ÄrztInnen. Reiche Leute brauchen keine öffentliche Schulen, sie schicken ihre Kinder in die teuersten Privateinrichtungen. Reiche Leute brauchen keine Polizei, sie zahlen sich ihre privaten Securitys und Überwachungsanlagen selbst. Reiche Leute brauchen kein funktionierendes Steuersystem, das für die Finanzierung all dieser öffentlichen Leistungen sorgt. Reiche Leute brauchen schon gar keinen Staat und keine Öffentlichkeit die weiß, wie viel sie wirklich besitzen. Denn dann würde vielleicht die herbeigeredete Allianz zwischen Mindestpensionistin und Milliardären als das erscheinen, was sie ist: Eine völlig abstruse Fantasie.

Es gibt kein Datenschutzproblem mit dem Regierungsentwurf

Auf einen Schlag wimmelt es in Österreich nur so vor DatenschützerInnen, zumindest in den Zeitungen und deren Kommentarseiten. Nun wurde spätestens mit Edward Snowden auch einer globalen Öffentlichkeit die Wichtigkeit von Datenschutz vor Augen geführt. Und genau dies ist der springende Punkt. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die von der Regierung geplante Abschaffung des Bankgeheimnisses irrelevant im Vergleich zu den jüngst aufgedeckten Machenschaften internationaler Geheimdienste. Der Regierungsentwurf sieht ein Kontenregister vor, das lediglich Informationen darüber enthält bei welcher Bank welche Konten/Depots gehalten werden. Es wird also nicht jede Kontobewegung jeder/s Bürgerin/s erfasst. Es werden mit Hilfe von Handy-Verbindungsdaten und Ortsbestimmungen flächendeckend weit sensiblere Informationen über das Privatleben einzelner Personen gesammelt als dies mit dem geplanten Kontenregister der Fall sein wird. Hinzu kommt, dass die Einführung eines Kontenregisters die Bekämpfung von Steuerbetrug klar erleichtert. Bei der Überwachung von Kommunikationsnetzwerken ist der Nutzen für Terror- oder Kriminalitätsbekämpfung viel umstrittener. Wer also ernsthaft über Datenschutz reden will, wird nicht mit dem geplanten Kontenregister beginnen. Das geplante Kontenregister würde im Gegenteil sogar, den Datenschutz bei Finanzverfahren erhöhen. In der jetzigen Regelung muss die Finanz jede Bank einzeln um Kontoinformationen anfragen, wenn ein Finanzstrafverfahren eröffnet und somit das Bankgeheimnis durchbrochen wurde. Dies führt dazu, dass hunderte Bankangestellte im Land, von dieser Causa erfahren. Ein Kontenregister würde hier für mehr Diskretion aber natürlich auch für mehr Transparenz sorgen. Es ist letzterer Aspekt der die GegnerInnen wirklich stört.

Kontenregister sind unersetzlich im internationalen Kampf gegen Steuerbetrug

Steuerbetrug ist nicht nur ein lokales sondern noch viel mehr ein globales Phänomen. Konten- und Treuhandregister und der gegenseitige Informationsfluss zwischen nationalen Steuerbehörden sind eine wesentliche Voraussetzung dafür international effektiv gegen Steuerhinterziehung vorgehen zu können. Es geht also nicht nur darum in Österreich sicherzustellen, dass alle BürgerInnen ihren steuerlichen Verpflichtungen nachkommen, sondern auch die nötigen Strukturen zu entwickeln Steuerbetrug international zu bekämpfen und anderen Ländern dabei zu helfen etwaige SteuerbetrügerInnen in Österreich identifizieren zu können.

Es gibt noch viel zu tun

Angesichts der aktuellen Panikmache der GegnerInnen ist es wichtig, die positiven Aspekte des Regierungsentwurfs hervorzuheben. Dies soll aber nicht darüber hinweg täuschen, dass weitere Schritte notwendig sind um Steuerbetrug in Zukunft wirksamer bekämpfen zu können. Dazu zählt einerseits die Einführung eines Treuhandregisters, das ähnlich wie das Kontenregister, Treuhandvereinbarungen erfasst, um Steuerhinterziehung mittels „eigentümerlosen“ Vermögens zu verhindern. Andererseits sind weitere Anstrengungen auf europäischer und globaler Ebene notwendig um zu verhindern, dass Konzerngewinne auf legale Art und Weise nicht oder mit lächerlich geringen Sätzen besteuert werden. Aber es gilt ein Problem nach dem anderen zu lösen.