Vermögen: Frauen haben das Nachsehen

05. Juni 2014

Die Unterschiede im Einkommen zwischen Männern und Frauen sind inzwischen weitgehend bekannt – man denke an den „Equal Pay Day“ oder die vielen Studien, die die Diskriminierung von Frauen beim Einkommen aufzeigen. Völlig ausgeblendet wurden bisher die Vermögensunterschiede zwischen Geschlechtern, obwohl auch hier von einer weit auseinander klaffenden Schere ausgegangen werden muss. Für Österreich zeigen wir in unserer neuen Studie eine derartige deutliche Lücke beim Vermögen zwischen den Geschlechtern. Diese Lücke ist vor allem auf Unterschiede am oberen und unteren Rand der Vermögensverteilung zurückzuführen. Die ungleichen Vermögenspositionen führen wir auf ungleiche gesellschaftliche Rollen, Normen und Strukturen ebenso zurück wie auf Diskriminierung und kleineren Erbschaften von Frauen.

Erstmalige Untersuchung der Vermögensverteilung zwischen den Geschlechtern möglich

Mit dem Household Finance and Consumption Survey (HFCS) stehen erstmals umfassende und vergleichbare Daten zur Vermögensverteilung in der Euro-Zone zur Verfügung, die es erlauben Vermögensunterschiede für mehrere Länder zu betrachten. Allerdings wurde nur die Haushaltsebene erfasst, weshalb die Datengrundlage für einen Vergleich zwischen Männern und Frauen nach wie vor schwierig ist. Daher konnten Vermögensunterschiede zwischen Geschlechtern in der Studie für Österreich nur näherungsweise anhand weiblicher und männlicher Single-Haushalte untersucht werden. „Single-Haushalte“ sind Haushalte, in denen die Person, die den Fragebogen beantwortete, ohne PartnerIn wohnt. Sowohl bei Frauen als auch bei Männern stellen Ein-Personen-Haushalte oder AlleinerzieherInnen-Haushalte die große Mehrheit der Single-Haushalte dar.

Frauen besitzen durchschnittlich 40% weniger Vermögen als Männer

Ganz grundsätzlich unterstreicht die Studie die Ergebnisse der internationalen Literatur (siehe zB Deere und Doss) auch für Österreich: Das durchschnittliches (Netto-)Vermögen von weiblichen Single-Haushalten ist deutlich geringer also das in männlichen Single-Haushalten. In absoluten Werten haben weibliche Single-Haushalte im Durchschnitt mit etwa 110.000 Euro ein deutlich niedrigeres Vermögen als männliche mit etwa 194.000 Euro. Paarhaushalte besitzen im Vergleich dazu das höchste Vermögen (im Durchschnitt etwa 380.000 Euro). Während männliche Single-Haushalte etwas mehr als einen halben Paarhaushalt „ausmachen“, liegen weibliche Single-Haushalte deutlich darunter.

Diese Unterschiede bestehen zwischen weiblichen und männlichen Single-Haushalten vor allem am oberen und unteren Rand der Vermögensverteilung. Männliche Single-Haushalte sind am unteren Rand deutlich höher verschuldet als weibliche. Am oberen Rand verfügen die reichsten 5% der männlichen Single-Haushalte über mehr als doppelt soviel Vermögen wie die weiblichen. Damit zeigt sich auch eine große Ungleichverteilung der Vermögen innerhalb der jeweiligen Kategorie „männliche Single-Haushalte“ und „weibliche Single-Haushalte“, wie sich im Vergleich von Durchschnitt und Median (die Grenze zwischen den unteren und oberen 50% der analysierten Haushalte) widerspiegelt. Während das durchschnittliche Vermögen bei Männern bei 194.000 Euro liegt, beträgt der Median nur rund 23.000 Euro. Im Vergleich dazu ist die Ungleichverteilung bei Frauen etwas geringer (Durchschnitt 110.000 Euro und Median 22.000 Euro). Da der Durchschnittswert durch eine hohe Vermögenskonzentration am oberen Rand vergleichsweise hoch ausfällt, ist der Median für weite Teile der Verteilung folglich die aussagekräftigere Größe.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Vermögenszuwachs durch höhere Bildung bei Frauen geringer

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Quelle: Eigene Berechnungen mit HFCS-Daten. © A&W Blog
Quelle: Eigene Berechnungen mit HFCS-Daten.

Bei der Untersuchung von Haushaltscharakteristika, die als Erklärung für die Unterschiede in der Vermögensakkumulation männlicher und weiblicher Single-Haushalten herangezogen werden können, zeigt sich zunächst nach Ausbildungsgruppen ein positiver Zusammenhang von Durchschnittsvermögen und Ausbildung. Zudem klafft die Vermögensschere zwischen Frauen und Männern mit ansteigendem Ausbildungsniveau weiter auseinander. Damit haben weibliche Single-Haushalte mit einem Hochschulabschluss immer noch ein niedrigeres Durchschnittsvermögen als männliche Single-Haushalte mit Lehrlingsabschlüssen oder Matura.

Frauen erben weniger als Männer

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Wird der Prozess der Vermögensbildung untersucht, so spielen neben der Ersparnisbildung aus Einkommen vor allem Erbschaften und Schenkungen eine wesentliche Rolle. Männliche Single-Haushalte erben zwar etwas seltener als weibliche Single-Haushalte, dann jedoch deutlich höhere Vermögen. Die Unterschiede bei Erbschaften und Schenkungen tragen somit zu einer Ungleichverteilung von Vermögen zwischen weiblichen und männlichen Single-Haushalten bei, obwohl sich im österreichischen Erbschaftsrecht keine expliziten geschlechtsspezifischen Benachteiligungen finden.

Daten über persönliches Vermögen bzw. Zugriffs- und Verfügungsrechte notwendig

Um eine tiefergehende Analyse ungleicher Vermögenssituationen auch in Paarhaushalten durchführen zu können, ist eine Datenerhebung des Vermögens auf Personenebene dringend notwendig. Denn es kann beim Haushaltsvermögen ähnlich wie beim Haushaltseinkommen nicht davon ausgegangen werden, dass beide PartnerInnen automatisch die gleichen Zugriffs- und Verfügungsrechte auf und über das vorhandene Vermögen haben.

Über die Mitautorinnen:

Patricia Klopf ist Mitarbeiterin am Insitut für Internationale Wirtschaft an der WU Wien

Katharina Mader lehrt und forscht am Institut für Institutionelle & Heterodoxe Ökonomie der WU Wien; darüber hinaus ist sie Vorsitzende des BEIGEWUM (Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen)

Alyssa Schneebaum ist Mitarbeiterin im Department of Economics an der WU Wien mit den Forschungsschwerpunkten Einkommens- und Vermögensverteilung, Armut und intergenerative Mobilität