Sprachstatistiken: Kategorisierungen mit weitreichenden Folgen

In öffentlichen Debatten zu Mehrsprachigkeit findet sich häufig ein problemorientierter Blick: Es geht um „Sprachdefizite“, „Sprachenwirrwarr“, „Integrationsunwilligkeit“, bis hin zu angedachten Sprachverboten am Pausenhof. Dabei stützen sich Politik und Medien auf verfügbare Zahlen, die diesen Blick vermeintlich belegen, ohne deren Zustandekommen ausreichend zu hinterfragen. Denn bisweilen stehen hinter diesen Zahlen ungenaue Begriffe und statistische Entscheidungen, die der tatsächlichen Komplexität nicht gerecht werden. So spitzt sich die Debatte dann auf Deutsch(kenntnisse) zu und blendet die mehrsprachige Lebenswelt der Menschen in Österreich aus. weiterlesen

Deutsch wirksam fördern – mit einem Sprachschlüssel, der Türen öffnet

Jede/r vierte österreichische Schüler/in spricht eine andere Erstsprache als Deutsch – in Wien sogar jede/r zweite. Für den Großteil dieser Kinder und Jugendlichen ist das ein Ausdruck ihrer gelebten Mehrsprachigkeit. Sie können sich in ihrer Erstsprache und in Deutsch als Zweitsprache gleichermaßen bewegen – was in der medialen Debatte allzuoft übersehen wird. Ein kleinerer Teil beherrscht Deutsch als Zweitsprache (und bisweilen auch die eigene Erstsprache) zu Schuleintritt jedoch nicht auf „bildungssprachlichem Niveau“ (siehe Textbox). Hinzu kommen allenthalben auch Kinder deutschsprachiger Eltern, die geringere bildungssprachliche Deutschfähigkeiten aufweisen (insgesamt betrug die SchülerInnenzahl in Deutschförderklassen/-kursen im Sommersemester 2019 mit rund 33.000 SchülerInnen österreichweit etwa ein Zwanzigstel aller SchülerInnen an Allgemeinbildenden Pflichtschulen). Für sie können fehlende bildungssprachliche Kompetenzen ohne entsprechende Förderung zur Hürde für ihren weiteren Bildungsweg werden. Denn das österreichische Schulsystem ist nach wie vor stark auf die alleinige Bildungssprache Deutsch zugeschnitten. weiterlesen

Sprachbildung als Wertebildung – falsch verstandene Integration?

Vor rund einem Jahr, im Oktober 2017, ist in Österreich das von der rot-schwarzen Bundesregierung erlassene Fremdenrechtsänderungsgesetz (auch: Integrationsgesetz 2017) in Kraft getreten. Dieses brachte nicht nur eine Ausweitung der Deutschkenntnispflicht auf Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte mit sich, sondern propagiert auch den Leitspruch Sprachbildung als Wertebildung – d. h., in der Deutschvermittlung und -prüfung soll künftig zugleich auch die Vermittlung und -prüfung von „grundlegenden Werten der Rechts- und Gesellschaftsordnung Österreichs“ (IntG 2017) stattfinden. Anlass für eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Maßnahme: Welche politischen Interventionen könn(t)en zu gelingender Deutschförderung beitragen, welche sind hinderlich und wie lässt sich das Verhältnis von Deutschförderung, ‚Wertebildung‘ und gesellschaftlicher Integration überhaupt bestimmen? weiterlesen

Diktat statt Dialog. Wie der Deutschklassen-Schnellschuss schulpartnerschaftliche Prinzipien über Bord wirft

Nur fünf Monate nach ihrer Angelobung hat die Bundesregierung die Einrichtung von Deutschklassen durch das Parlament gebracht. Die Eckpunkte: Statt der Schulleitung entscheidet künftig ein standardisierter Test darüber, ob SchülerInnen am Regelunterricht oder stattdessen an sogenannten "Deutschförderklassen" teilnehmen. Dafür sind Schulen ab Herbst verpflichtet, räumlich getrennte Klassen mit bis zu 25 SchülerInnen einzurichten. In diesen wird ausschließlich Deutsch, kein Fachunterricht vermittelt. Mit den übrigen SchülerInnen besteht der Kontakt nur noch im Zeichen-, Musik- und Turnunterricht. Ein Übergang zum Regelunterricht ist erst nach positivem Deutschtest am Semester- oder Schuljahresende möglich. Bis zu zwei Jahre können SchülerInnen in der Deutschförderklasse verbleiben, ohne in die nächste Schulstufe aufzusteigen. weiterlesen

Die neue Klassenfrage: Sprachförderung durch Segregation?

Die Reform der schulischen Deutschförderung wird heute trotz massiver Einwände von ExpertInnen, PraktikerInnen und Wissenschaft mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen. Das hat weitreichende Konsequenzen, obwohl das bisherige Modell im schulischen Bereich noch gar nicht evaluiert wurde. Anlass, das bestehende Modell der vor-/schulischen Deutschförderung und die Folgen der Änderungen zu beleuchten. weiterlesen
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