Panama-Papers: Steuerflucht mit System

07. April 2016

Die Panama-Papers bestätigen bislang bekannten Schätzungen über versteckte Vermögen in Steueroasen und sie bekräftigen den Verdacht, dass Steuerflucht mit System organisiert wird. Zudem wird erneut deutlich, dass ohne die Unterstützung und Beratung von Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen sowie Banken Kapitalflucht nicht möglich wäre. Sie sind die bedeutendsten Akteure und große Profiteure im System der Steuerflucht. Ihre Expertise bildet das Herzstück der Offshore-Welt.

Vermögenswerte sind nicht nur bei vermögenden Privatpersonen und multinationalen Unternehmen konzentriert. Die sie unterstützenden Wirtschaftsprüfungsunternehmen und Privatbanken sind ihrerseits in enorm hohem Maße involviert. Auch hier besteht eine starke Konzentration von Vermögenswerten bei den zehn größten Banken, die mehr als die Hälfte der Vermögenswerte, gemessen an den Top 50, auf sich vereinen.

Schlechte Datenlage

Es ist die zunehmende Ungleichverteilung von Vermögen weltweit, die ÖkonomInnen und ForscherInnen herausfordert, Schätzungen trotz unzureichender Datenlage vorzunehmen. Der französische Ökonom Gabriel Zucman errechnet, dass sich ca. 7.600 Mrd. USD oder 11 % der weltweiten privaten Finanzvermögen unversteuert offshore befinden. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Boston Consulting Group auf Grundlage von Interviews mit Vermögensverwaltern (2014). Schätzungen des Tax Justice Network gehen für das Jahr 2010 von einem Gesamtfinanzvermögen in Höhe von 32 Bill. USD (ca. 26.200 Mrd. Euro). Entsprechend hoch sind die daraus resultierenden Steuerausfälle. Offizielle Schätzungen gibt es weder von internationalen Finanzinstitutionen noch von Regierungen. Obwohl internationale Organisationen wie IWF, Weltbank, G20, OECD oder die Zentralbanken über relativ fundiertes Datenmaterial verfügen, haben sie bislang wenig zum Aufbau von Datenbanken und Statistiken beigetragen.

In trusts we trust

Die Problematik der Steuerflucht kommt nicht überraschend und ist auch nicht mehr unbekannt. Jedoch ist die wachsende Dimension des Offshore-Vermögens trotz Finanzkrise alarmierend. Generell bieten Steueroasen sowohl für vermögende Privatpersonen als auch für Unternehmen und Finanzinstitute Schutz vor detaillierten Steuerprüfungen oder Sicherheit vor regulierten Finanzmärkten. Tranzparenzbestimmungen existieren nicht und die Gründung von Trusts ermöglicht Methoden undurchschaubarer Geschäftspraktiken, die den eigentlichen Eigentümern und Begünstigten Anonymität sichern. Die hohen Einkommen und Gewinne konnten nur durch die Arbeit der vielen ArbeitnehmerInnen sowie durch die Nutzung der zur Verfügung stehenden öffentlichen Infrastruktur erzielt werden. Mit derartigen Praktiken entledigen Unternehmen, Großkonzerne, Banken oder vermögende Privatpersonen sich ihrer steuerlichen und somit gesellschaftlichen Pflichten und verursachen der Allgemeinheit Kosten enormen Ausmaßes. Dies alles um den eigenen, privaten Reichtum nur noch mehr zu mehren. Hierin liegt das wahre „Sozialschmarotzertum“.

Vermögende Privatpersonen und Konzerne richten es sich….

Vermögende Privatpersonen und multinationale Konzerne haben selbst innerhalb des gesetzlichen Rahmens in den Ländern, in denen sie tätig sind, die Möglichkeit ihre Steuerplanung zu gestalten. Für den Großteil der weltweiten Bevölkerung, insbesondere für ArbeitnehmerInnen, ist das Konzept der Steuerplanung bedeutungslos. Die wohlhabende Minderheit hat jedoch einen erheblichen Vorteil. Das erweckt den Anschein, als ob Gesetze nicht für alle gleich gelten.

…auf Kosten der Allgemeinheit

Die Steuerpolitik der einzelnen Länder leistete ihren Beitrag dazu. So zeigt die Entwicklung der Steuerstruktur seit den 1970er Jahren, dass die Steuern auf Kapital und Gewinn fallen, während gleichzeitig die Einkommen auf Kapital und Gewinne steigen. Den daraus resultierenden Steuerausfall müssen die ArbeitnehmerInnen über die Lohn- und Mehrwertsteuer kompensieren, für die sie aus einem stagnierenden Einkommensanteil aufkommen.

Unzureichender Schutz für Whistleblower

Die breite Zusammenarbeit der internationalen investigativen JournalistInnen (ICIJ) aus fast achtzig Ländern ist ein positives Zeichen und kann in der Öffentlichkeit hoffentlich mehr Druck erzeugen. Gleichzeitig geht es hier um einen sehr sensiblen Bereich des Datenschutzes. InformantInnen haben mit Strafprozessen zu rechnen, weil sie Geheimhaltungspflichten aus Ihrer Tätigkeit heraus verletzen. Eigentlich sollte aber genau das Gegenteil passieren. Im Vordergrund sollte der Schutz von Personen aus dem privaten oder öffentlichen Bereich stehen, die Informationen über Steuerbetrug oder –hinterziehung im öffentlichen Interesse publik machen. Ohne derartige Informationen hätte es OffshoreLeaks oder LuxLeaks nicht geben können. Für die heutige Entwicklung im Kampf gegen Steuerbetrug und Geldwäsche sind aber Aktionen dieser Art immens wichtig. Tatsächlich sind Whistleblower oft mit harten Strafen konfrontiert, Ist doch beispielsweise Steuerhinterziehung in Österreich oder Deutschland – anders als in Frankreich, Großbritannien oder Singapur  – nicht einmal als Straftat normiert. Datenschutzregelungen und Geheimhaltungspflichten, so scheint es, schützen nur eine Seite – die Kapitalbesitzenden.

Länder schaden sich doppelt

Die europäischen Staaten versuchen, die vermeintliche Kapitalflucht einzudämmen, indem sie die Kapitalsteuern immer weiter senken. Sie schaden sich dabei aber selber am meisten, indem sie den Steuerwettlauf nach unten weiter anheizen. Die Mitgliedsstaaten können sich nicht einmal darauf einigen, eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage festzulegen, ganz zu schweigen von einem Mindeststeuersatz, der das Steuerdumping ad absurdum führen würde. Die Senkungen der Steuersätze verursachen den Ländern einen zusätzlichen Einnahmenentgang. Wirksame Maßnahmen können einzelstaatlich nicht geregelt werden, dazu bedarf es globaler Lösungen, ausgestattet mit einem Höchstmaß an Transparenz in öffentlichen Registern.

International besteht im Unternehmenssteuerbereich noch erheblicher Handlungsbedarf. Wenn zwei Drittel des grenzüberschreitenden Handels innerhalb von Konzernen erfolgt und mehr als die Hälfte des Welthandels über Steueroasen fließt, dann sind das alarmierende Signale.