Pensionsdebatte: Panik? Nein danke!

26. Mai 2016

Endlich fertig mit der Lehre. Endlich Geld verdienen: Jetzt fängt das Leben erst richtig an. Während ich mich noch über meinen ersten Gehaltszettel freute, ertönten auch schon die ersten Unkenrufe: „Früher haben wir vier Prämien im Jahr bekommen. Warum jetzt nicht mehr?“ Daraufhin begann eine lange Diskussion darüber, was früher einmal war und wie es jetzt ist. Dabei ging es auch um die Pension, die ich laut meinen KollegInnen nicht mehr bekommen werde. Nicht nur das, sondern auch viele Medienberichte können einen an der eigenen, sicheren Zukunft zweifeln lassen.

Es sind einige wenige, die verunsichern und dabei vor allem eines im Sinn haben: junge Menschen zu motivieren, ihr Geld in Produkte zu investieren, die morgen schon unsicherer sind als eine Pension in weiter Ferne. Schlägt man heute eine Zeitung auf, in der von unsicheren Pensionen geschrieben wird, finden sich oftmals auf der nächsten Seite die Anzeigen für eine private Vorsorge. Die gesamte Gewerkschaftsbewegung muss hier gegenhalten und den Irreführungen die Fakten gegenüberstellen. Meine Generation darf das Vertrauen in das Pensionssystem nicht verlieren!

Irreführende Pensionsdebatte

Die größte Irreführung in der Pensionsdebatte ist die Behauptung, die Pensionen seien nicht ausreichend finanziert. Das Problem ist aber nicht, dass wir uns die Pensionen nicht mehr leisten können, sondern dass bestimmte politische Kräfte genau das nicht wollen. Nämlich jene, die mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen und im Alter nicht von einer Pension abhängig sind.
Sicher, wir werden immer älter. Die Zahl der Menschen über 65 Jahre wird bis zum Jahr 2060 deutlich ansteigen. Aber das ist etwas Schönes und kein Grund, in Panik zu geraten. Denn der Anteil der Pensionskosten an der Wirtschaftsleistung Österreichs (BIP) wird im selben Zeitraum nur moderat ansteigen. Das zeigt, dass die bisherigen Reformen wirken. Das faktische Pensionsantrittsalter ist beispielweise schon jetzt stärker gestiegen als erwartet. Deshalb muss die Politik die Zügel auch weiterhin in der Hand behalten. Österreich braucht kein automatisches Anheben des Pensionsantrittsalters.

Mehr Lehrstellen und Arbeitsplätze

Wir kehren die Probleme nicht unter den Tisch, man muss aber sagen, wo man wirklich ansetzen kann. Statt weiterhin das Pensionssystem kaputt zu jammern, müssen wir für mehr Lehrstellen und Arbeitsplätze sorgen. Denn nur eine gute Ausbildung, ein fairer Berufseinstieg und kollektivvertraglich geregelte Löhne sind die Grundlage für eine sichere Pension – und nicht etwa ein höheres Pensionsantrittsalter. Denn die Jobs, um bis ins hohe Alter zu arbeiten, gibt es nicht.
In unserer täglichen Arbeit erzählen uns viele ArbeitnehmerInnen, dass es gang und gäbe ist, ältere MitarbeiterInnen abzuservieren. Einer 56-jährigen Frau wurde ins Gesicht gesagt: „Du kannst so lange arbeiten, bis die Förderung aus dem 50-plus-Programm ausläuft, dann musst du gehen.“ Nicht alle Betriebe sind so, aber genügend Firmen nutzen es aus: Sie holen sich dank Steuer- und Versicherungsgeldern gratis LeiharbeiterInnen.

Normal statt prekär

Auch bei den Arbeitsverhältnissen müssen die Unternehmer ihre gesellschaftliche Verantwortung wieder stärker wahrnehmen. Für viele aus meiner Generation ist es leider normal, prekär beschäftigt zu sein und nicht zu wissen, ob man in der nächsten Woche noch den Job hat, oder nur einen Teilzeitjob angeboten bekommt.
Die Unternehmer diktieren vor allem jungen Menschen Arbeitsverträge und Arbeitszeitbedingungen, von denen nur sie profitieren. Es zählt nur ihr Gewinn.
Rücken wir das Wohl aller wieder in den Vordergrund, schaffen wir sichere Arbeitsverhältnisse für Junge und alternsgerechte Arbeitsplätze für Ältere, dann müssen wir auch keine Angst um den Sozialstaat und das Pensionssystem haben.

Dieser Beitrag ist als Kommentar in Arbeit&Wirtschaft 4/2016 erschienen, die sich unter dem Titel „Bis(s) zum Lebensabend“ dem Schwerpunktthema Pensionen widmet.
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