Neoliberale Troika-Politik treibt Länder näher an den Abgrund

31. März 2014

Seit geraumer Zeit steht der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) in Opposition zur Troika-Politik. Um diese Opposition auf sichere Grundlage zu stellen, hat er einen Bericht verfasst, der auf Beiträgen seiner Mitgliedsgewerkschaften aus Portugal, Griechenland, Zypern und Irland beruht. Die Stoßrichtung des Berichts ist eindeutig: Die Troika-Politik ist unvereinbar mit der europäischen Grundrechtecharta, trägt zum Abbau des Sozialstaats bei, zu einem Anwachsen sozialer Ungleichheiten und zur Beendigung des europäischen Zusammenwachsens, der europäischen Konvergenz und zur Auflösung der Kohäsion. Aufbauend auf diesen zersetzenden Entwicklungen machen sich nationalistische und xenophobe Kräfte daran, ihre rückwärtsgewandten Ideologien zu verbreiten.

Der EGB hat eine eigene Untersuchung der Troika-Aktivitäten durchgeführt und dazu seine Mitgliedsgewerkschaften in den Troika-Ländern um Unterstützung gebeten. Das Bild, das sich aus den einzelnen Mosaiksteinchen ergibt, ist ein Bild von Ländern, die einfach von der Troika „übernommen“ wurden, durch „Männer in schwarzen Anzügen“. Kommissionspräsident Barroso sprach von einer „stillen Übernahme“, aber in Wirklichkeit ist es eine „feindliche Übernahme“, denn die gewählten Regierungen verfügen kaum noch über Manövrierspielraum: Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Liste der Troika-Forderungen abzuarbeiten. Sie mussten Gehorsam unter Beweis zu stellen, wollten sie keine weitere Abstrafung durch die Finanzmärkte riskieren.

Die Übernahme durch die Troika basiert auf einem einfachen Grundsatz: die Wirtschaft ankurbeln, um die Schuldentilgung durch massive Einschnitte in Arbeits- und Lebensstandards voranzutreiben. Um diesen Durchmarsch der Troika zu ermöglichen, musste alles aus dem Weg geräumt werden, das diesem Ziel widersprechen konnte.

Troika in Griechenland jenseits ökonomischer Vernunft

Als erstes musste die ökonomische Vernunft über Bord gehen – jeder vernünftige Mensch wusste, dass die Austeritätspolitik der Troika so exzessiv war, dass die Wirtschaft sie nicht unbeschadet überstehen konnte. Griechenland ist der extremste Fall. Ein Austeritätspaket nach dem anderen wurde dem Land aufgezwungen. Die Folge war ein ökonomischer Zusammenbruch um ein Viertel (verglichen mit dem Niveaus vor dem „Einzug“ der Troika). Dieser ökonomische Einbruch hatte soziale und gesellschaftliche Konsequenzen mit rapide steigender Arbeitslosigkeit, Armut und Ungleichheit.

Als nächstes mussten die Löhne und die Rechte der Arbeitnehmer geschliffen werden. Dabei ging es nicht nur um Löhne und deren Höhe, sondern generell um weitreichende Eingriffe in die Tarifautonomie und Lohnfindungssysteme. Die Autonomie der Sozialpartner musste beseitigt werden, denn die Sozialpartner vereinbarten zwar Deals und Kompromisse (Griechenland, Portugal), aber die Troika scherte sich nicht darum.

Dekoratives Bild © A&W Blog
Quelle: EGB. © A&W Blog
Quelle: EGB.

Waren diese Eingriffe wenigstens effizient im Sinne ihrer Erfinder? Zu beobachten ist, dass trotz der Implementierung eines Austeritätspakets nach dem anderen, die Zinsen und Spreads nicht sanken. Erst die Intervention der EZB im Sommer 2012 führte zu einem Rückgang. Eine Folge dieser Austeritätspolitik war eine Erosion des Vertrauens in die europäischen Institutionen – und dieser Vertrauensverlust hat Besorgnisse im Europäischen Parlament ausgelöst, das bei den anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai die Wahlbeteiligung weiter absacken könnte. Daher hat das Parlament ebenfalls noch schnell einen Bericht zur Troika verfasst und den EGB zu einer Anhörung eingeladen.

EGB kritisiert Austerität, Lohn- und Sozialabbau sowie fehlenden sozialen Dialog

Der EGB-Bericht konzentriert sich auf 4 Bereiche: die Austeritätspolitik, die Deregulierung der Arbeitsmärkte (insbesondere in Hinblick auf die Löhne), den Abbau des sozialen Schutzes und das Übergehen des sozialen Dialogs. Die Konsolidierung der Staatsfinanzen hätte über einen weit längeren Zeitraum erfolgen müssen. So hat die Austeritätspolitik zu einem Zusammenbruch der Binnennachfrage geführt und eine tiefe Rezession ausgelöst. Das völlige Fehlen von wachstums- und beschäftigungsfördernden Maßnahmen hat das ihrige dazu beigetragen. Bestehende Tarifvertragssysteme wurden unterminiert durch Förderung von Abschlüsse auf Unternehmensebene. In Griechenland wurde der in nationalen Tarifverträgen festgeschriebene Mindestlohn um 22% gekürzt und für Jugendliche bis 24 Jahre gar um 32%. Wie in Portugal sinkt die Anzahl von Tarifverträgen rapide.

Dekoratives Bild © A&W Blog
Quelle: Direção-Geral do Emprego e das Relações de Trabalho © A&W Blog
Quelle: Direção-Geral do Emprego e das Relações de Trabalho

In Portugal schrumpfte die Beschäftigung um 800.000 Personen, um 15%. In Griechenland ging die Zahl der Jobs um 18% zurück, während sich gleichzeitig das BIP um ein Viertel verminderte. In Zypern wurde im Memorandum of Understanding auf eine Privatisierung der Elektrizitätsversorgung, der Telekommunikation und der Häfen bestanden. Die Arbeitslosigkeit machte in Zypern einen Sprung von 5% 2009 auf 17,3% 2013, unter Jugendlichen beträgt sie 37%. Diese sozialen und ökonomischen Konsequenzen blieben nicht ohne Auswirkungen auf die Demokratie: Nur noch einer von drei Bürgern Südeuropas ist noch mit dem demokratischen System zufrieden – der Vertrauensverlust ist in freiem Fall seit dem Beginn der Troika-geführten Austeritätspolitik.

Inakzeptable Troika-Programme

Die Schlussfolgerung ist klar: Die Programme der Troika in den Ländern ist nicht akzeptabel. Sie vollziehen die Interessen der Finanzmärkte, Spekulanten und der Geschäftswelt. Sie stehen in fundamentalem Gegensatz zu den Werten und Zielvorstellungen der europäischen Verträge und des europäischen Sozialmodells. Der EGB schlägt deshalb wie folgt vor:

  • Die Generaldirektion Beschäftigung soll einen detaillierten Bericht über die Verstöße der Troika gegen die sozialen Errungenschaften verfassen – mit Vorschlägen zur Wiederherstellung dieser Errungenschaften.
  • Die Sozialpartner sollten eng einbezogen werden in diese Aktivität.
  • Ebenso sollten parallel die IAO und der Europarat entsprechende Berichte schreiben über die Verstöße gegen die Europäische Sozialcharter und die IAO-Normen.
  • Das Europäische Parlament sollten aktiven Gebrauch machen von seinem privilegierten Zugang zum Europäischen Gerichtshof, um auf die Einhaltung der Europäische Verträge zu drängen.
  • Die Troika sollte Tarifverträge nicht antasten.
  • Die demokratische Verantwortung von EZB, Kommission und IWF sollte gestärkt werden durch Anhörungen mit dem Europäischen Parlament, sowohl vor der Ausarbeitung der Programme als auch nachher.

Der EGB hofft mit seinem Bericht einen Nagel in den für die Troika bereitstehenden Sarg eingeschlagen zu haben. Es muss verhindert werden, dass die Troika weiter in Europa ihr Unwesen treibt. Die Troikapolitik muss substantiell und nicht nur kosmetisch verändert werden!

Dieser Beitrag beruht auf einen ausführlicheren EGB-Bericht zu den Troika-Konsequenzen.