Menschenrecht auf Wasser – die Europäische Union tastet sich heran

22. März 2019

Heute, am 22. März, ist Weltwassertag. Wasser ist Leben – und spielt daher eine besondere gesellschaftliche Rolle. Gleichzeitig lässt sich mit Wasser auch viel Geld machen. Seit einem Beschluss der Vereinten Nationen im Jahr 2010 ist das Recht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser Bestandteil der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Inwiefern wurde dieser Beschluss in der EU umgesetzt?

In Österreich erfolgt die Versorgung mit Trinkwasser und die Entsorgung des Abwassers fast zur Gänze durch die öffentliche Hand. Der Zugang, die einwandfreie Qualität und universelle Versorgung mit Trinkwasser wird in Österreich schon derzeit durch den bestehenden gesetzlichen Rahmen sichergestellt.

Mit der Europäischen BürgerInneninitiative „Right2Water“ wurden mehr als 1,8 Millionen Unterschriften gesammelt, mit denen die Europäische Kommission aufgefordert wurde, Vorschläge für die Umsetzung des von den Vereinten Nationen anerkannten Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung vorzulegen. Unmittelbar konnte die Initiative als ersten Erfolg die drohende Wasser-Liberalisierung durch die Konzessionsrichtlinie verhindern. Eine der Trägerorganisationen dieser BürgerInneninitiative ist younion – Die Daseinsgewerkschaft.

Folgeinitiativen zu „Right2Water

Aktuell versucht die EU-Kommission mit verschiedenen Initiativen den Forderungen der EBI „Right2Water“ gerecht zu werden, um Bedenken von Gewerkschaften und Zivilgesellschaft zu zerstreuen.

So hat sie im Februar 2018 einen neuen Vorschlag zur Trinkwasserrichtlinie auf den Weg gebracht. Darin wird zumindest teilweise den Forderungen der Europäischen BürgerInneninitiative Rechnung getragen. Die neue Trinkwasserrichtlinie geht im Prinzip in die richtige Richtung, insbesondere mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu Trinkwasser und die Qualität für schutzbedürftige Gruppen sicherzustellen.

So ist im Artikel 13 des Vorschlags vorgesehen:

  • den Zugang und die Nutzung von Trinkwasser im jeweiligen Mitgliedstaat zu verbessern und zu fördern, z. B. durch Maßnahmen wie: Beurteilung des Anteils von Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser, Förderung der Nutzung von Trinkwasser in öffentlichen Gebäuden, Restaurants und auf öffentlichen Plätzen, und
  • alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu sauberem Trinkwasser für benachteiligte und marginalisierte Gruppen zu verbessern.

Das Europäische Parlament hat die intensiv diskutierte Neufassung der Trinkwasserrichtlinie bereits im Herbst 2018 im Plenum angenommen und für das Menschenrecht auf Wasser gestimmt. Besonders kritische Punkte für die österreichischen Wasserversorger, Kommunen und KonsumentInnen wurden im Zuge der Verhandlungen im Europäischen Parlament zurückgenommen – nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes von Arbeiterkammer und Gewerkschaften. So ist beispielsweise die Häufigkeit der Wasseruntersuchungen im Gegensatz zum Vorschlag der Europäischen Kommission erheblich reduziert worden, womit eine Verteuerung der österreichischen Trinkwasserversorgung abgewendet werden konnte. Gleichzeitig werden aber die hohen Qualitätsstandards weiter gesichert.

Österreich zeigt kein Interesse

Die österreichische Bundesregierung hat es jedoch während ihrer Ratspräsidentschaft verabsäumt, sich für die Verankerung des Menschenrechts auf Wasser einzusetzen! Im von der österreichischen Präsidentschaft vorgelegten Vorschlag für die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie wurde der vorgeschlagene Artikel 13 sogar gestrichen und dessen Inhalte in die Erwägungsgründe der Richtlinie verbannt. Diese Vorgehensweise wurde seitens der Gewerkschaften heftig kritisiert.

Es ist nun äußerst positiv, dass unter rumänischer Präsidentschaft die Verhandlungen zum Zugang zu Wasser neu aufgenommen wurden und im EU-Umweltrat zu diesem Punkt eine Einigung erzielt wurde. Denn die Unterstützung des Rates der Europäischen Union ist für die Zukunft des Menschenrechts auf Wasser in der EU von entscheidender Bedeutung.

Kritische Aspekte

Kritisch zu hinterfragen ist allerdings die in der Begründung der Richtlinie angeführte Feststellung, dass diese Vorlage „die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Wassersektor erhält und Innovationen mobilisiert“. Vor diesem Hintergrund sind auch die im Entwurf vorgesehenen Veröffentlichungspflichten zur wirtschaftlichen Effizienz der Wasserversorger sehr kritisch zu sehen. Unter dem Deckmantel der Transparenz sollen Wasserversorger diese Daten künftig preisgeben. Hier muss einmal mehr klargestellt sein, dass die Wasserversorgung eine Leistung der Daseinsvorsorge ist und Wettbewerbsgedanken dem Faktum des natürlichen Monopols entgegenstehen. Wasser ist daher grundsätzlich aus allen Liberalisierungsbestrebungen auszunehmen und hat in den EU-Binnenmarktregeln nichts zu suchen.

Freihandelsabkommen gefährden Wasser

Dieser Verwirtschaftlichungsansatz findet sich auch in Freihandelsabkommen neuer Generation. Denn Abkommen wie z. B. CETA, TiSA oder JEFTA können den politischen Handlungsspielraum zur Regulierung, Erbringung und Finanzierung von öffentlichen Dienstleistungen erheblich beeinflussen. Konzerne und Investoren können Staaten mittels privilegierter Klagerechte, Investitionsschutzklauseln und Sonderschiedsgerichtsbarkeit auf entgangene Gewinne verklagen. Liberalisierungsverpflichtungen können somit kaum zurückgenommen und Rekommunalisierungen verunmöglicht werden.

Begleitende Maßnahmen gegen die Liberalisierung

Daher muss die EU-Kommission auch begleitende Maßnahmen gegen eine Liberalisierung der Wasserversorgung durch Freihandelsabkommen oder auch eine Revision der „Konzessionsrichtlinie“ ergreifen. Das Europäische Parlament hat dazu eine klare Position bezogen und unterstützt unseren Kampf gegen die Liberalisierung der Wasserversorgung. Denn mit der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sehen europäische Konzerne, die weltweit im Wassersektor tätig sind, ihre Chance, wieder ins Geschäft zu kommen. Trotz weltweit negativer Privatisierungserfahrungen bei der Wasserversorgung gibt es keine Zeichen seitens der EU-Kommission, weiterhin auf eine Liberalisierung zu verzichten. Daher ist es erneut notwendig, Druck für das Menschenrecht auf Wasser und die öffentliche Erbringung dieser essenziellen Dienstleistung aufzubauen. Denn Wasser ist keine Handelsware, sondern ein allgemeines Gut, das für alle gleichermaßen zugänglich sein muss.